Irgendwie ist "Rum Diary" schon ein besonderer Film, weil er sich nicht recht einordnen lässt. Der Trailer weckte schon bei mir einstmals völlig falsche Erwartungen. Völlig richtig, es handelt sich hierbei nicht um ein zweites "Fear and Loathing in Las Vegas". Aber man merkt, entweder durch den Thompson-Einschlag selbst oder aber dem Vorhaben der Macher sich an dem Kulthit aus den 90ern orientieren zu wollen, dass man zumindest in die Richtung von "Fear and Loathing in Las Vegas gehen wollte". Mit etwas Toleranz, könnte man sogar von einer ernsten Version jenes Films sprechen.
So wird auch auf Puerto Rico viel gesoffen, aber eben diese eher verkaterte Atmosphäre, wird als Kulturkritik am US-Kapital dargestellt. Manchmal etwas platt, aber oft auch differenziert, so, als seien die Figuren hier eine zweite 'Lost Generation' wie einstmals Hemingway & Co. Es dreht sich viel um Bebauung, Korruption und Paradieszerstörung. Der Film schafft es auf gewisse Weise sehr gut wirklich wunderschöne Bilder und eine tolle Atmosphäre aufzubringen, ohne die Schattenseiten des Ganzen auszublenden. "Rum Diary" ist irgendwie bitter, und die Figuren versuchen sich mit Ironie und Sarkasmus über die Runden zu helfen. Insofern ist der Film auch gänzlich falsch vermarktet: Swing? Urlaubsbilder? Action? Heiße Frauen? Ja, verkatert - verkatert trifft's viel eher!
Bei allem interessanten Herangehen jedoch ein großes Aber: Das Vorhaben gelingt nur teils und geht nicht ganz auf. Viele Figuren wirken nicht recht greifbar. Sala ist noch am coolsten und sympathischten. Aber Johnny Depps Rolle? Sein Pack wirkt ein wenig zu unbeteiligt. Es hat doch auch wenig mit Gonzo-Journalismus zu tun, wenn dieser Reporter hier eher neben den Dingen steht und eigentlich nur von einer Situation zur anderen geht - oder besser gesagt: torkelt. Irgendwann verliert sich der Film dann auch etwas, längere Passagen tauchen auf und das Ende ist dann fast noch ein Kater nach dem Kater.
Fazit: "Rum Diary" wird völlig falsch eingeschätzt als eine Säuferkomödie. Dabei ist der Film ernst, ironisch und bitter, toll gespielt und wunderschön in seiner Atmosphäre, aber etwas zu zerfasert und unentschlossen.