Captain Phillips
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Kino:
Anonymer User
4,0
Veröffentlicht am 22. November 2013
Paul Greengrass, der unter anderem 2007 seinen Kinohit Das Bourne Ultimatum produziert hat, ist jetzt mit einem neuen Actionthriller in den Kinos zu sehen. Ein weiteres Mal stellt der Regisseur, mit der Behandlung eines komplizierten politischen Themas, sein Können, im Film Captain Phillips, unter Beweis. Durch die ständige Abwechslung von lauten, hektischen Szenen und leisen, nachdenklichen Momenten spannt Greengrass einen gewaltigen Bogen der Spannung auf, den nur wenige Regisseure auf diese Weise aufzubauen vermögen.
Richard Phillips, der Kapitän des Containerschiffs Maersk Alabama, soll die Lebensmittelladung für afrikanische Länder aus dem Hafen im Oman sicher in Richtung Mombasa lenken. Nicht ohne Grund macht sich der Captain Sorgen, als das Schiff in das gefährliche Pirateriegebiet nahe Somalia fährt.
Die langjährige Erfahrung des nachdenklich wirkenden Phillips lässt ihn wissen, dass die zwei näherkommenden Kleinboote keine Fischer, sondern Piraten sind.
Nach mehreren missglückten Versuchen, gelingt es den vier jungen somalischen Männern auf das große Schiff aufzuspringen und dem Captain zu drohen. Phillips versucht seine versteckte Besatzung zu schützen und bietet den Piraten 30.000 Dollar und das Rettungsboot an, wenn sie daraufhin den Frachter wieder verlassen.
Es kommt aber zu einer überraschenden Wendung. Die Piraten nehmen den Captain als Geisel.
Bereits einen ganzen Tag fahren die fünf Männer zusammengepfercht, auf kleinstem Raum, in einem Rettungsboot Richtung Somalia, wissend, dass nun auch US-amerikanische Einsatzkräfte sie verfolgen. Über die Hälfte des Films spielt sich ein Drama im engen Fluchtboot ab, wo Emotionen der Angst und Verzweiflung aufeinanderprallen und Opfer und Täter, durch kurze Gespräche, eine persönliche Verbindung aufbauen, die aber durch die zunehmende Aggressivität und Gewalt gegenüber der Geisel immer aufs Neue zerstört wird.
„Ich bin zu weit gekommen, ich kann nicht aufgeben!“, sagt Muse, der Anführer der Piraten, verzweifelt, als sie schon von der US-amerikanischen Navy, einem Helikopter, mehreren Scharfschützen sowie Fallschirmspringern beobachtet und gejagt werden. Ihre einzige Chance scheint es zu sein, Phillips weiter als Geisel zu halten, um schließlich eine Ablösesumme in Millionenhöhe erpressen zu können und somit die Ansprüche ihres Warlords zu erfüllen. Die Machtverhältnisse zwischen den einfachen Piraten und den mächtigen Warlords, die gemeinsam mit der Überfischung der Meere, die Hauptgründe sind, weshalb es die ehemaligen somalischen Fischer in die Piraterie treibt.
Sie handeln ohne Rücksicht auf Verluste, weil sie nichts mehr zu verlieren haben und sie nur diese Möglichkeit sehen ihre bloße Existenz zu retten.
Vor allem die verzweifelten Gesichtszüge der Piraten werden ideal durch Nahaufnahmen zum Vorschein gebracht und auch Anspannung und Hektik werden durch eine wacklige Kameraführung in Szene gesetzt. Wie ein ruhiger Gegenpol zu den nervösen und hektischen Somaliern wirkt dagegen der bedachte Richard Phillips, gespielt von dem vielfach ausgezeichneten Schauspieler Tom Hanks.
Hanks zeigt in diesem Film die unterschiedlichsten Facetten eines Menschen, der anfangs noch völlig ruhig auf die Ausnahmesituation reagiert, am Ende aber dann die Kontrolle über seinen eigenen Körper und Verstand durch die ständige Todesangst verliert. Eine schauspielerische Leistung die beeindruckend und absolut sehenswert ist.
Dennoch sollte man sich bewusst sein, dass der Film auf einer wahren Begebenheit beruht und nicht etwa nur ein weiterer selbstdarstellerischer Film aus den USA mit einer typischen Heldenfigur ist.
Gewollt repräsentiert Regisseur Greengrass nicht nur den patriotischen Blickwinkel, sondern beide Seiten, sowohl des amerikanischen Militärs als auch der Piraten, um dem Zuschauer eine neutrale Sichtweise auf seinen Film und damit auf die dargestellte Problematik zu ermöglichen.
Der Regisseur geht sogar soweit, dass er wohl bewusst die überdimensionale Bekämpfung der ärmlich ausgestatteten Piratengruppen durch die US-Amerikaner kritisiert, wobei das eigentliche politische Problem, die Auslieferung von Fischer an die Warlords der Piraterie, durch das gewaltige militärische Aufgebot im Film, unterzugehen droht. Dabei stellt Greengrass dadurch die letztendliche Lösung des tiefgründigen Themas der Piraterie durch Captain Phillips mehr als nur in Frage.
Kino:
Anonymer User
4,0
Veröffentlicht am 22. November 2013
Auf einem US-amerikanische Container-Frachtschiff vor der Küste Somalias. Captain Phillips erklärt den Piraten wie das Rettungsboot funktioniert. Die Crew schickt den gefangen genommen Anführer der Piraten ins Boot zum Austausch gegen den Kapitän. „Captain wir haben ihn hier“ – „Dann schickt ihn rein, ich komme raus“ lauten die Funksprüche. Der Anführer kommt ins Rettungsboot. Ein Kopfnicken des Piraten. Der Kapitän wird niedergeschlagen. Die Seeräuber schießen nach der Besatzung und schließen die Tür. Das Rettungsboot stürzt ins Meer und fährt weg. Die Crew konnte nicht verhindern, dass ihr Captain entführt wird, alles ging zu schnell.
Nach einem Überfall auf das US-amerikanische Container-Frachtschiff "Maersk Alabama" nimmt der Pirat Muse, gespielt von Barkhad Abdi, mit seinen Freunden die Brücke des Frachters ein. Der Kapitän Richard Phillips, welcher von Tom Hanks dargestellt wird, und seine Crew versuchen alles Menschenmögliche um zu verhindern, dass das Schiff gekapert wird. Letztendlich ziehen sich die Piraten auf das Rettungsboot zurück, allerdings entführen sie dabei den Captain. Von nun an kämpft Richard, zusammen mit der Navy, um seine Freilassung und um sein Leben. Eine sehr emotionale, gefährliche und lebensbedrohliche Reise beginnt für ihn in einem kleinen Rettungsboot mit vier Piraten.

Phantastische Piratenfilme im Stil von „Fluch der Karibik“, „Die Piratenbraut“ oder „Die Schatzinsel“ gibt es zur Genüge. Doch nur selten werden die Geschehnisse der realen Welt abgebildet. Dass Piraterie auch in der heutigen Zeit noch ein großes Problem darstellt, ist vielen Menschen überhaupt nicht bewusst. Doch allein in den Jahren von 2005 bis 2012 gingen 413 Millionen Dollar Lösegeld an die Piraten. Bei den Seeräubern selbst bleibt nicht viel von diesem Geld hängen. Das meiste geht an ihre Hintermänner, die es in Menschenhandel und Waffen investieren. Das Ausbeutungsschema, das hinter den Verbrechen steckt, wird auch im Film am Rande behandelt. Der Anführer Muse und seine Bande wollen sich nicht mit den 30.000 Dollar, die ihnen der Kapitän anbietet, zufrieden geben, da ihre Chefs mehr verlangen. Allerdings würde man sich an dieser Stelle wünschen, noch etwas mehr über die Hintergründe im Film zu erfahren. Dass die Piraten allerdings auch nur einfache Menschen und keine brutalen Geschöpfe sind, stellt Drehbuchautor Billy Ray sehr gut dar, indem er auch ihre menschliche Seite zeigt. Der Piratenführer versucht durch die Worte „Es wird alles gut, Ire“ den Kapitän immer wieder zu beruhigen.
Filme wie „Captain Phillips“ können aber auch in der wirklichen Welt dazu beitragen, die Piraterie einzudämmen. So konnte 2013 einer der wichtigsten Piratenführer mit Hilfe eines angeblichen Filmangebots nach Brüssel gelockt und verhaftet werden.

„Captain Phillips“ spricht das Thema Piraterie auf genau dem richtigen Weg an, da der Film den Überfall in 134 Minuten sehr emotional und real darstellt. Diesen Bezug zur Realität kann vor allem dadurch hergestellt werden, weil der Film auf den Memoiren „A Captains Duty“ des echten Richard Phillips basiert, der 2009 von somalischen Piraten entführt wurde. Laut eines Interviews war der richtige Kapitän gerührt davon, wie real seine Situation von Tom Hanks nachgespielt wurde. Der Darsteller brilliert, wie so oft, mit starken schauspielerischen Leistungen, da man sich in die gegenwärtige Situation hineinfühlen kann und das Gefühl hat, er erleidet wirklich gerade Todesängste. Eine große Rolle dabei spielt auch die Kamera, die fast den kompletten Film über an Captain Phillips „klebt“ und die Geschichte fast ausschließlich aus seiner Perspektive schildert. Aber nicht nur Tom Hanks trug zum großen Kino bei. Auch der „Laienschauspieler“ Barkhad Abdi, der zum ersten Mal vor der Kamera stand, wirkte sehr überzeugend als meist brutaler Pirat und Entführer. Die Auswahl der beiden Hauptdarsteller ist Paul Greengrass also nahezu perfekt gelungen. Obwohl sich die zweite Hälfte des Filmes fast ausschließlich im kleinen Rettungsboot abspielt, schafft es der Regisseur den Film durch häufige Schnitte spannend zu halten. Die Rettung des Kapitäns zieht sich am Ende etwas in die Länge, was dem Film allerdings trotzdem nicht die Spannung nimmt, da der Regisseur auch hier sehr viel mit Emotionen und häufigen Schnitten arbeitet.
Alles in allem ist „Captain Phillips“ ein sehr gelungener Film. Selbst wenn man kein Fan des Genres Thriller ist, bringt der Film zum einen das Thema Piraterie in der heutigen Zeit näher, zum anderen erlebt man selten derart glaubhaft dargestellte Emotionen. Schon allein wegen der meisterhaft schauspielerischen Leistung von Tom Hanks ist dieser Film einen Gang ins Kino wert.
Kino:
Anonymer User
4,5
Veröffentlicht am 22. November 2013
Captain Richard Phillips packt seine Sachen, checkt zum letzten Mal seine Route, verlässt gemeinsam mit seiner Frau Andrea den sicheren Hafen seines Zuhauses und macht sich auf den Weg zur Arbeit. Während der Autofahrt bekommt man einen Einblick in die Familienprobleme, mit denen selbst ein Captain Tag für Tag kämpfen muss. Gegen das was ihm jedoch bevorsteht ist das nichts.
Der Action-Thriller ,,Captain Phillips‘‘ handelt von einer wahren Begebenheit, die sich im Jahre 2009 zugetragen hat. Der Drehbuchautor Billy Ray, der auch ,,Die Tribute von Panem- The Hunger Games‘‘ zu Papier brachte, hat auch hier Spitzenleistung abgegeben. Doch die eigentliche Vorlage für den Film hat der Captain himself, Richard Phillips, geboten mit seinem Buch ,, A Captain‘s Duty‘‘, das die Ereignisse aus seiner Sicht schildert. Ein Alltagsmensch sieht sich nun einer Gefahr ausgesetzt, die er nicht verhindern kann. Hilflos muss er beobachten, wie die Piraten sein Schiff kapern und die lausigen Sicherheitsmaßnahmen nichts daran ändern können. Die Verzweiflung steht Phillips, gespielt von Oscarpreisträger Tom Hanks, ins Gesicht geschrieben. Der Schauspieler erfüllt die Erwartung der Zuschauer und beeindruckt wieder mit seiner zuverlässigen Leidenschaft für die Schauspielerei.
Die Somali-Piraten stürmen auf das Führerdeck, schreien und bedrohen die verängstigten Mitarbeiter und den Captain, als wären sie gerade aus der Irrenanstalt ausgebrochen. Das erschreckende Äußere der Somalier lässt sie noch unheimlicher erscheinen. Dünn bis auf die Knochen und sehr ärmlich bekleidet mischen sie eine Welt auf, die sicher zu sein schien und stellen alles auf den Kopf. Die Tatsache, dass die Piraten von Laien verkörpert werden, mag man gar nicht glauben.
Der spannende Streifen lässt auch den skeptischsten Zuschauer mitfiebern, als Captain Phillips sich als Geisel opfert, um seine Mitarbeiter zu schützen. Mitten im Nichts und auf offener See ist Captain Phillips allein mit seinen Geiselnehmern in einem kleinen stickigen Rettungsboot gefangen. Greengrass schafft es eine unmittelbare Nähe zu den Antagonisten herzustellen. Die Darstellung ihrer Probleme erweckt Verständnis und Mitgefühl. ,,We all have chefs.‘‘, gesteht Muse, der Anführer der vierköpfigen Piratenbande. An der somalischen Küste erwartet ihr Chef viel Geld oder mindestens eine Geisel als Lieferung und über diese Bedingung ist nicht zu verhandeln. Die Somalier sind nicht nur die klassischen Verbrecher, sie sind auch Menschen wie der Captain.
Nach all den Strapazen und einem gescheiterten Fluchtversuch, wird der Captain letztendlich befreit und die psychische Last, der er ausgesetzt war, fällt von ihm mit einen Mal herab. Phillips steht unter Schock und bricht zusammen- ein Gefühlsausbruch, der emotionaler nicht sein könnte. Verwirrt und neben der Spur, lässt er sich untersuchen.
Paul Greengrass beweist auch mit diesem Film, dass er sich, nach Kinoerfolgen wie ,,Die Bourne Verschwörung‘‘ und ,,Das Bourne Ultimatum‘‘, nicht auf seinen Erfolg verlässt und sich auf die faule Haut legt. Er ist ein erfahrener Filmemacher, der viel Wert auf authentische Eindrücke legt und deshalb den Großteil der Szenen auf hoher See dreht. Eine Geschichte nach wahrer Begebenheit zu verfilmen und diese Story glänzen zu lassen, erscheint nicht jedem Regisseur die einfachste Sache der Welt zu sein, Greengrass aber setzte das gekonnt um. Ein elektrisierender Thriller mit Drama-Charakter, den jeder Kinoliebhaber gesehen haben muss.
Kino:
Anonymer User
4,5
Veröffentlicht am 22. November 2013
Das Schiffsradar piepst alarmierend. Kapitän Phillips identifiziert ein abgenutztes Schnellboot durch das Fernglas – und hat Angst, denn er weiß, was passieren wird. Piraten steuern in Rasanz auf das US-Containerschiff zu und schießen wild auf die Maersk Alabama. In ihrer Nussschale liegt eine Leiter, die sie versuchen an der Schiffsrehling festzuhaken. Die Leiter sitzt. Fest. Einer nach dem anderen klettert daran hoch, augenblicklich stehen sie vor Phillips. „Sieh‘ mich an!“, fordert der somalische Anführer Abduwali Abdukhadir Muse mit bedrohlichem Blick. „Sieh‘ mich an! Ich bin jetzt der Käpt‘n!“

Phillips und die Piraten machen einen Deal: 30.000 Dollar und das Rettungsboot mit dem sie verschwinden. Muse reagiert blitzschnell, denn plötzlich befinden sich die Somali auf freier Fahrt auf hoher See – mit Phillips als Geisel, eingezwängt in klaustrophobischer Enge.

Der Regisseur Paul Greengrass ist seit seinem Film Bloody Sunday (2002), ein Film über den irischen Blutsonntag vom 30. Januar 1972, bekannt für Politthriller, die sich auf reale Begebenheiten stützen. Auch dieser Film, Captain Phillips, basiert auch einer wahren Geschichte: Somalische Piraten überfallen im April 2009 das Frachtschiff Maersk Alabama, das von Oman nach Mombasa das Horn von Afrika, Piratengewässer, passieren muss. Der Kapitän Richard Phillips hat das autobiographische Buch „Höllentage auf See“ darüber verfasst, denn er kam mit seinem Leben davon. Nicht so wie die anderen 62 der 2000 Seeleute, die zwischen 2009 und 2012 Geiseln der Piraterie wurden.

Nichts wird verschönt, es ist ein schnörkelloser Thriller. Es gibt keine Nebenhandlungen, der Regisseur visualisiert das reine, unpolierte Ereignis – die gewaltsame Geiselnahme Phillips auf dem Meer – und aggressiven Nervenkitzel; ohne übertriebene, lächerliche, ohne künstliche, fehl am Platz wirkende Action. Im Fokus steht das Wesentliche, aber mit einer so hochspannenden Intensität, das es den Atem raubt, denn die Piraten sind undurchschaubar. Die Farben sind blass, sie wirken als wäre das Leben aus ihnen herausgesaugt worden, die Aufnahmen sind dokumentarisch, und manchmal so schnell und durcheinander, als würde der Film außer Kontrolle geraten. So wie die fünf Gestalten im Rettungsboot es tun.

Die Piraten sind permanent überfordert und paranoid. Muse ermutigt sich selbst: „Alles wird gut.“ Das bedeutet so viel wie: Nichts ist gut. Nichts wird gut. Es bleibt ein Zwei-Mann-Kampf: Muse gegen Phillips. Er verweigert Phillips das Trinkwasser und hält ihm die Waffe an die Schläfe, lächelt gefährlich dabei, spart nicht mit Morddrohungen. Er knallt durch und die Piraten eskalieren unter einander. Nach und nach werden die Nerven des Kapitäns zermürbt bis er nur noch von nackter Todesangst zerfressen wird. Jede Bewegung seiner Pupillen, jede Silbe, jedes schmerzhafte Aufstöhnen kauft man Tom Hanks ab. Er und Kapitän Phillips sind eins – die Geisel der Somali –, denn jede von Hanks Bewegungen und Gesichtsausdrücken und insbesondere seine Augen – durch die man bis ins Gehirn schauen und die Furcht spüren kann – sind so klar, dass sie keine Sekunde an der Authentizität des Charakters Zweifel aufbringen. Hanks trägt den Film.

Im Film – so wie auf dieser Welt – zeichnen sich die Gegensätze scharf und in einer unbegreiflichen Gewaltsamkeit ab. Es ist nicht nur ein Film, es ist die Verzahnung von Film und Wirklichkeit, ein Verweben von Tatsachen und Filmaufnahmen ineinander. Die abgemagerten Somali haben schlechte Zähne und tragen zerlumpte Kleidung. Sie haben nichts – außer Waffen, die töten können. Genau das macht die Gefahr aus: Sie haben nichts zu verlieren. Phillips aber ist ein alltäglicher Mann mit Familie, einer ihn liebenden Frau und Kindern, er trägt eine Brille, einen grauen Bart und stammt aus der Nation, die sich Fortschritt und Macht auf die Flagge geschrieben haben. Die USA und die United States Navy SEALs nehmen in diesem Kontext eine sehr überwältigende Stellung ein. Sie eilen mit drei Kriegsschiffen zur Hilfe: dem Zerstörer USS Bainbridge, der USS Boxer und der Fregatte USS Halyburton. Sie wirken wie die Götter des Meeres und hier vollzieht sich der Höhepunkt des ungleichen Kampfes zwischen der US-amerikanischen Macht, der kühlen, militärischen Präzision und der Not der barfüßigen somalischen Armen. Der Film ist Abbild der Asymmetrie von Arm und Reich, Kontrolle und Kraftlosigkeit.

Am Ende bleiben das Gefühl der Erleichterung und der Wunsch nach einem Happy End aus. Eigentlich bleibt auch der Wunsch danach aus, denn die Grausamkeit des Films fordert nach einem angemessenen, der Grausamkeit würdigendem Ende. Tom Hanks zittert und liegt nervlich am Boden. Der Film geht tief unter die Haut – und hinterlässt Schock, Einsamkeit und Unfassbarkeit. Es ist schier unerträglich.
Kino:
Anonymer User
4,0
Veröffentlicht am 22. November 2013
„Man muss stark sein, um da draußen zu überleben.“ – Was Captain Phillips zu Beginn des gleichnamigen Films ganz allgemein über das Leben in der modernen, globalisierten Gesellschaft sagt, bewahrheitet sich für ihn selbst bald auf äußerst konkrete und dramatische Weise: Auf dem Weg nach Mombasa überfallen somalische Piraten sein amerikanisches Frachtschiff Maersk Alabama. Um seine Crew zu schützen, die sich im Maschinenraum versteckt hält, bietet sich der Kapitän als Geisel für ihre Lösegeldforderungen an und verlässt im Rettungsboot mit den Piraten das Schiff. Als dann noch die US Navy hinzukommt, um ihn zu retten, entsteht eine gefährliche Pattsituation auf dem Meer - bei der nicht nur Phillips um sein Leben kämpfen muss.

Dass Regisseur Paul Greengrass, international bekannt seit seinem Film „Die Bourne Verschwörung“ im Jahr 2004, mit „Captain Phillips“ erneut eine packende Mischung aus Thriller und zeitgeschichtlichem Dokudrama präsentieren würde, war vorherzusehen. Sein Talent für die spannende Verfilmung brisanter politischer Themen hat der ehemalige Journalist und Dokumentarfilmer mit Filmen wie „Bloody Sunday“ oder „Flug 93“ bereits mehrfach unter Beweis gestellt. Auch die Handlung von „Captain Phillips” beruht auf wahren Ereignissen: Die spektakuläre Geiselnahme fand im April 2009 tatsächlich so statt. Hinzu kommt auch hier ein hochaktuelles, politisch-soziales Hintergrundthema: Das Wesen unserer globalisierten Welt.

„Die Schönheit dieser Geschichte liegt darin, dass alle finanziellen und wirtschaftlichen Kräfte am Ende auf zwei Personen heruntergebrochen werden“, sagt Greengrass in einem Interview mit . Da ist zum einen Captain Richard Phillips, brilliant dargestellt von Oscarpreisträger Tom Hanks in seiner Paraderolle des einfachen Mannes, der angesichts großer Herausforderungen heldenhaft über sich hinauswächst. Ihm gegenüber steht Muse (Barkhard Abdi), Anführer der vier somalischen Piraten, die das Schiff überfallen. Zwei Kapitäne, die auf den ersten Blick unterschiedlicher kaum sein könnten: Phillips, besonnen, pflichtbewusst, zivilisiert, und dabei der Inbegriff amerikanischen Heldentums. Muse, wild, fremd, gefährlich, schlau, und mit dem Mut der Verzweiflung.

Erste Welt gegen Dritte Welt - hier prallen die krassesten sozialen Gegensätze knallhart aufeinander, das prägt den ganzen Film und zeigt sich mit ungeheurer Wucht in vielen Szenen. Ein winziges, schrottreifes Motorboot nimmt es mit einem riesigen, vollbeladenen, modernen Containerschiff auf. Schmutzige, dürre, zerlumpte Schwarze bedrohen gepflegte, wohlgenährte Weiße. Die volle Kampfkraft der US Armada samt Kriegsschiffen, Hubschraubern und modernster Computertechnik richtet sich tödlich präzise gegen vier chaotisch agierende Fischer-Piraten mit Gewehren in einem gekaperten Rettungsboot. Und über allem schwebt die Angst.

Die so entstehende filmische Intensität verstärkt Paul Greengrass noch durch den dokumentarischen Charakter, den er seinem Werk verleiht. Dazu trägt die für seine Thriller charakteristische, unruhige Kameraführung ebenso bei wie die physische Präsenz der Szenen - drei Viertel des Films wurden auf offener See gedreht. Musik wird selten eingesetzt. Die Somalier sind Laienschauspieler, was die Authentizität ihrer Figuren erhöht, wenn man auch nicht ganz darüber hinwegsehen kann, dass Muses Figur im Vergleich zu Phillips´ nur oberflächlich ausgearbeitet ist und man enttäuschend wenig über seine Hintergründe erfährt. Auch wenn Greengrass behauptet, beide Seiten gleichermaßen beleuchten zu wollen, konzentriert sich der Film vor allem gegen Ende doch sehr überwiegend auf die amerikanische. Das ist schade, denn das kennt man von Hollywood bereits zur Genüge.

Immerhin wird kein plattes Gut-gegen-Böse-Schema vorgeführt. Bei aller Gegensätzlichkeit der beiden Kapitäne gibt es doch seltene Momente des gegenseitigen Verständnisses. Denn letztendlich sind sie beide nur Menschen in einer verzweifelten Situation, und dabei hilflos Mächten ausgeliefert, auf die sie keinen Einfluss haben. Phillips´ Schicksal ist vollkommen abhängig vom Verhalten der Navy. Muse wird durch die Überfischung der Meere und somalische Warlords zur Piraterie gezwungen. „Es muss doch was anderes geben als Fischer sein und Menschen entführen“, sagt Phillips zwar. „Vielleicht in Amerika“, antwortet Muse. Trotzdem glaubt er bis zuletzt, dass alles gut wird.

„Captain Phillips“ ist ein hochspannender Thriller, der durch eine außergewöhnliche wahre Geschichte, intelligente Gestaltung und einen großartigen Tom Hanks überzeugt. Ein Film, der unter die Haut geht und lange dort bleibt.
Kino:
Anonymer User
4,0
Veröffentlicht am 21. November 2013
Drei gelbe Punkte auf dem Radar nähern sich dem Frachtschiff „Maersk Alabama“. Drei kleine Boote, doch es sind keine Fischer, sondern bewaffnete Piraten. Die Crew des Frachters ist in Alarmbereitschaft, Wasserwerfer sollen verhindern, dass die Piraten das Schiff entern. Doch vergeblich. Die somalischen Männer können bis zur Brücke vordringen. Captain Phillips und Muse, der Anführer der Piraten, stehen sich Auge in Auge gegenüber.
Der Thriller „Captain Phillips“ erzählt die wahre Geschichte von Richard Phillips, der als Kapitän der „MV Maersk Alabama“ im April 2009 von somalischen Piraten als Geisel genommen wurde. Regisseur Paul Greengrass verfilmte bereits in „Flug 93“ die Ereignisse an Bord des Fluges UA 93 am 11. September 2001. Tom Hanks verkörpert den ernsten Captain Phillips, Barkhab Abdi seinen Gegenspieler Muse.
Wenn sich das große amerikanische Frachtschiff und das kleine Boot vor der somalischen Küste gegenüberstehen, wirkt es wie ein Kampf David gegen Goliath. Aber Greengrass richtet das Hauptaugenmerk nicht auf den Konflikt zwischen der reichen, westlichen Gesellschaft und der hungernden, afrikanischen Bevölkerung, sondern auf die ebenbürtige Beziehung zwischen Captain Phillips und Muse. Und er hebt nicht den moralischen Zeigefinger, er zeigt uns ein Verbrechen ohne jemanden die Schuld zuzuweisen. „Ich habe einen Boss“, sagt Muse und Phillips antwortet: „Wir haben alle einen Boss“.
Barkhab Abdi schafft es ohne große Drohgebärden den dünnen Fischer Muse als gefährlichen und geschickten Gegenspieler darzustellen. Dabei wirkt er immer menschlich. Wenn er Captain Phillips abermals versichert „Alles wird gut, Ire“ gibt es keinen Zweifel daran, dass er es ehrlich meint. Muse ist beängstigend und ängstlich zu gleich. Er ist fest entschlossen viel Geld zu machen, will dabei aber niemanden verletzen. Als er die Kontrolle über die Situation verliert, wird er zunehmend unsicherer.
Captain Phillips bietet Muse 30.000 $, doch das ist dem dünnen Somalier nicht genug. Muse sucht nach dem Rest der Crew, der es gelingt ihn in ihre Gewalt zu bringen. Die Piraten sollen das Schiff mit einem Rettungsboot verlassen. Doch die Übergabe von Muse geht schief und die Piraten nehmen Phillips als Geisel mit. Nun ist er nicht mehr der Kapitän, sondern fürchtet um sein Leben.
Phillips entwickelt sich von einem gerissenen, ernsten Kapitän, der seine Crew beschützen will, zu einer ängstlichen, verzweifelten Geisel, der als gebrochener Mann aus dem Rettungsboot kommt. Tom Hanks verkörpert diesen Wandel so glaubhaft, dass man sich ganz mit ihm identifiziert.
Greengrass schafft es mit seinem dokumentarischen Stil, ganz pur und ohne Drama, die Spannung über die ganzen 134 Minuten aufrechtzuerhalten. Die wacklige Handkamera, die etwas gewöhnungsbedürftig ist, fängt viele Nahaufnahme ein, die die Enge des Rettungsboots und die Nähe zu dem Konflikt zwischen Phillips und Muse verdeutlichen. Auch Drehbuchautor Billy Ray bleibt mit seiner Story immer nah am eigentlichen Geschehen und verzichtet auf jegliche Nebenhandlung.
Navy Seals rücken an, um die Geiselnahme zu beenden. Der Befehl: Das Rettungsboot darf auf keinen Fall an die somalische Küste gelangen. Durch das Ultimatum steigt die Spannung. Die Reaktion der Amerikaner scheint fast übertrieben: zwei große Schiffe, Militär das mit dem Hubschrauber eingeflogen wird, Scharfschützen und taktische Raffinessen. Muse wächst die Situation über den Kopf und das macht die Lage für Captain Phillips noch kritischer.
„Captain Phillips“ zeigt die ungerechte Verteilung auf dieser Welt ohne einen mit der Nase darauf zu stoßen: ein kleines Boot gegen ein großes Frachtschiff, muskelbepackte amerikanische Militärs gegen schmächtige somalische Piraten. Am Ende des Films wartet auf keiner Seite ein Happy End und es bleibt ein fader Beigeschmack. Paul Greengrass‘ Film belehrt nicht, regt aber zum Nachdenken an.
Das was diesen Film ausmacht ist das, was er nicht macht. Keine aufwendige Actionszene, keine aufdringliche Filmmusik, keine Szenen die Phillips besorgte Familie zeigen, keine Szenen aus Muses armem Heimatdorf. Auch ohne lange Dialoge ist klar, was die Motivation der Protagonisten ist. Der Film bleibt immer bei dem eigentlichen Ereignis, der Entführung, und erzeugt allein dadurch eine Spannung, die den ganzen Film anhält.
Max H.
Max H.

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4,5
Veröffentlicht am 20. November 2013
Schon einiges passiert, auf den Ozeanen dieser Welt. Besonders, wenn man der Filmwelt Glauben schenken will. Dort war erst letztens "Life of Pi" zu sehen, ein Mann – gegen – die – Natur Spektakel des visuellen Rausches. Nun schenkt uns Bourne – Regisseur Paul Greengrass eine ziemlich aktuelle Bestandsaufnahme der Piraterie in Somalia. Wobei besser gesagt, einen bereits ereigneten Fall, basierend auf wahren Begebenheiten. Greengrass macht daraus ein kaum vorstellbar spannendes Szenario, mit bedächtiger Ruhe inszeniert, zieht er zum Schluss alle Register und entfesselt ein sich elektrisierend zuspitzendes Finale mit unglaublich authentischen Figuren.

Tom Hanks erneut als Hauptdarsteller in einem ambitionierten Film mit geschichtlichem(!) Hintergrund – da klingeln ja die Oscarglocken, notfalls auch ohne Sichtung des Stoffes. Doch schon der Trailer verrät in seinen Credits bereits, wohin die (Schiffs)reise geht, "Captain Phillips" ist ein Paul Greengrass Film. Er vergisst in seiner äußerst bedachten Inszenierung niemanden, lässt Terroristen und Crewmitgliedern genug Raum für die Entfaltung der einfach gestrickten, aber wirkungsvollen Story. Dabei fällt auf, dass Greengrass niemals nach glattgebügeltem Schema F vorgeht: Die Piraten verlieren auch schon zu Beginn eine Verfolgungsszene und trotz der Vorhersehbarkeit der Kaperung, reißt Greengrass das Ruder ein ums andere Mal um. Dabei behält er es sich aber genaustens vor, vorzuverurteilen oder zum Helden zu stilisieren, abgesehen natürlich bei der Rolle des Captain Phillips im Laufe der Handlung, die aufgrund des Titels ein wenig in der Vordergrund rückt. Aber es fällt bei der Darstellung der US-Navy (und Seals und welche hochwichtigen Einheiten, die da noch im Ozean schippern haben) auf, die kalt, neutral und unpatriotisch charakterisiert wird, dass es in diesen Augenblicken eher der Doku einer Befreiungsaktion gleicht, als der Abhandlung von Hollywood – Material. Sehr erfreulich, bedenkt man die diesjährigen US – Heldenaktionen auf der Kinoleinwand.
Kommen wir nun also zur Greengrass'schen Kameravielfalt: Diesmal halten sich die wackligen Bourne – Kamerafahrten, die so wirkten als nähmen sie die Action nicht immer ganz ernst, vornehm zurück, was der Intensität, vor allem im halbstündigen Schlussakt keinen Abbruch tut. Greengrass bemüht sich auffallend um Reife und Souveränität bei seiner Filmung. Denn hochspannend ist "Captain Phillips" in jeder Sekunde, was den ein oder anderen im Saal doch ziemlich überrascht hat, wurde dieses Material doch unter "beruhend auf wahren Begebenheiten" als eher dröge im Vorhinein abgestempelt.
Doch all das würde in seiner Gänze nicht annähernd so genial rüberkommen, wären da nicht "Charakterfresse" Barkhad Abdi und seine afrikanischen Schauspieler, denen hier wohl die größte Ehre zukommen sollte. Abdi und seine Kollegen spielen mit derart überirdischer Souveränität, man könnte meinen, sie hätten dieses Schiff tatsächlich mal gekappert oder in ihrem Leben nichts anderes getan, als zu schauspielern. Eine grandiose Leistung aller Beteiligten, die nicht unbeachtet bleiben sollte. Diesen gegenüber fällt Tom Hanks aber zu keinem Zeitpunkt ab, wobei er hier schon zu absoluten Höchstleistungen angetrieben wird. Man sieht Hank's Captain Richard Phillips in taktischen Überlegungen, souveränen Verhandlungsmomenten und Situationen, in denen sich menschliche Abgründe auftun. Hanks wirkt immer gekonnt souverän und das solange, bis er gegen Ende psychisch und physisch dem Kollaps nahe ist. Ein schauspielerischer Kraftakt!

Fazit: Captain Phillips eröffnet nun die selbsternannte Oscar – Phase, in der uns einige filmische Höhepunkte serviert werden sollen(wollen, werden)??? Egal, Greengrass' Film legt einen fulminanten Start auf den Zellulid, generiert wieder höchste Spannung in einem diesmal durchgehend authentischen Ambiente mit schauspielerischen Glanzleistungen, gekonnten Kamerafahrten und einem, ach das hab ich ja vergessen, aber das ist bei Greengrass ja immer exzellentes Topping, nervenaufreibenden Score, den dieser Film auch einfach verdient hat.
Kinobengel
Kinobengel

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4,0
Veröffentlicht am 18. November 2013
Regisseur Paul Greengrass („Bourne Verschwörung”, „Bourne Ultimatum”) hat auf Basis des Buches „Höllentage auf See“ von Richard Phillips mit Stephan Talty (Orig.: „A Captain’s Duty“) den Film “Captain Phillips” ins Kino gebracht.

Richard Phillips (Tom Hanks) ist Kapitän des Containerschiffs Maersk Alabama, welches unter US-amerikanischer Flagge fährt. Dass die Fracht an der somalischen Küste vorbeigebracht werden muss, behagt ihm nicht. Darum ist er sehr um Sicherheit bemüht, überprüft reichlich und lässt von der unbewaffneten Crew Abwehrübungen durchführen. Trotz Widerstand gelingt es somalischen Piraten unter Verlust des eigenen Schiffs, die Maersk Alabama zu kapern. Die Freibeuter haben aber nicht mit dem Einfallsreichtum des Kapitäns und seiner Besatzung gerechnet und müssen den Ozeanriesen verlassen. Der Kapitän wird als Geisel auf ein Rettungsboot mitgenommen, Hilfe der US-Streitkräfte ist unterwegs. Es beginnt ein dramatisches Tauziehen.

Im Namen der U.S.A. wurde unter Mithilfe des Geheimdienstes und des Militärs schon einiges an Heldentaten vollbracht und diese später verfilmt. Nach „Argo“ (2012) und „Zero Dark Thirty“ (2013) ist nun die Geschichte um den Überfall auf die Maersk Alabama ins deutsche Kino gebracht worden. Es ist schon ein Vorteil, wenn tatsächliche Lebenssachverhalte als Drehbuchvorlage dienen können (z.B. „Apollo 13“, auch mit Tom Hanks), denn so brauchen diese höchstens noch dramaturgisch ausgeschmückt werden, und es passiert nicht, dass ein übertriebener, unglaubwürdiger (aber manchmal trotzdem guter) Action-Streifen entsteht (z.B. „Gravity“).

Greengrass zeigt zunächst kurz Richard Phillips‘ Privatleben an Land. Vor der Fahrt am Horn von Afrika werden mit der Ehefrau noch ein paar Familienproblemchen besprochen. Der Dialog klingt etwas gestelzt, zeigt aber schon mal Phillips als Mensch mit rücksichtsvoller Offenheit. An Bord geht das so weiter: Der Kapitän beobachtet und sagt fast immer, was er denkt. Er kann sich ohne allzu viel Ellenbogen durchsetzen. Der Regisseur gewährt auch einen Blick zu den Somalis in ihrer Siedlung. Sie werden von lokalen Warlords zur Piraterie gezwungen und kämpfen in kleinen Gruppen um ihre Existenz. Das kann gleichzeitig Abneigung und Mitleid erzeugen. Entscheidend ist aber, dass nur so der Zuschauer ein Gefühl dafür entwickelt, wer später aufeinander trifft. Dies ist Greengrass hervorragend gelungen. Und wenn dann Tom Hanks mit seinen oscarverdächtigen Qualitäten einen Richard Phillips mimt, der mit jedem Gesichtsausdruck Zutrauen fordert, Furcht und Anspannung zeigt, wie es realistischer nicht wirken könnte, dann fehlt nicht mehr viel an einem mehr als starken Kinofilm. Der Piratentrupp ist offenbar zur besseren Unterscheidung mit stark unterschiedlichen Charakteren besetzt. Alle sind noch jung und Anführer Muse (stark: Barkhad Abdi) hat seine Mühe mit der Bande, die aber nicht als unzähmbare Wilde, sondern als unerfahrene, fieberhaft agierende Gruppe dargestellt wird. Sie können mit dem riesigen Schiff nicht umgehen. Mehr und mehr entgleitet den Bewaffneten die Situation. Die Kamera fängt die sich steigernde Unruhe in Bildern ein, welche vorrangig viele ängstliche und bedrohliche Gesichter zeigen und eine Atmosphäre aufgestauter Konfusion erzeugt, die im späteren Verlauf insbesondere die (gefühlt) immer enger werdende Kabine des Rettungsbootes nicht verlassen, sondern eher zum Platzen bringen kann. Die abwechslungsreiche Story und der Schnitt sorgen für eine Spannung, die auch im relativ sicheren Kinosessel kaum auszuhalten ist. Der effektheischende Music-Score von Henry Jackman wäre somit in dieser Form nicht mehr nötig gewesen und hätte besser zu einem der Action-Filme von Greengrass gepasst. So auch die Darstellung der Navy Seals: Total cool dreinschauende Typen mit markanten Gesichtszügen kommen optisch als Medizin für die Krankheit, erledigen das Problem nicht ganz so spektakulär, wie es sich in Wirklichkeit abgespielt haben soll (vgl. Wikipedia), und bringen das Filmprojekt aber nicht zum Entgleisen.

Ein fesselnder Film um eine Rettungsaktion mit mehr Drama als Action und einem alles überragenden Tom Hanks. Starkes Kino mit nur kleinen Abstrichen.
niman7
niman7

916 Follower 616 Kritiken User folgen

4,0
Veröffentlicht am 18. November 2013
Paul Greengrass erzählt mit "Captain Phillips" die Geschichte von Captain Richard Phillips (Tom Hanks) der von somalischen Piraten entführt wird. Ob sich Greengrass Film an der wahren Begebung 100% dran hält, kann ich nicht sagen. Dass solche Geschichten aber von Hollywood mal kurzer Hand die Geschichte etwas umschreiben, passiert sehr oft. "Captain Phillips" fängt zunächst sehr ruhig an. Es gibt eine kurze Einführung in Phillips Leben sowie in des Piraten Muse. Das ganze geht aber ziemlich zügig. Schon befinden wir uns auf den Schiff "Maersk Alabama". Man befürchtet bei einer Spielfilmlänge von 2 Stunden, dass der Film sehr viel umschweift und eine lange Einführung bekommt. Dies ist aber überhaupt nicht der Fall. Das eigentliche Geschehen, die Entführung, wird gleich eingeführt. Dabei wird das Geschehen äußerst realistisch dargestellt. Wer Greengrass kennt, weiß, der Film wird kein "No Brain" Film. Das heißt- der Film ist sehr intelligent gemacht. Wie Phillips Muse durch das Schiff führt um seinen Leuten etwas mehr Zeit zugeben, war einfach herrlich. Es gibt immer etwas zu hören und zu sehen. Der Trailer deutet zwar einen Actioner an- der Film ist es aber nicht! Es ist ein Drama und zwar ein sehr spannender.
Spätestens nach dem Phillips im Notboot steckt, steigt die Spannung ins unermessliche. Dabei wird das ganze einfach grandios von Tom Hanks verkörpert. Hanks trägt den ganzen Film über auf seine Schultern. Die Kamera ist immer in seiner Höhe. Sie umgarnt ihn! Ich war schlichtweg begeistert von ihn. Anfangs ist er kühl, intelligent, ruhig und jeder auf dem Schiff sieht ihn als großen Kapitän an. Gegegen Ende, nach Hanks Tortur durch die Hölle, wandelt er sich komplett. Gegen Ende ist er nicht mehr so ruhig...Ich will jetzt aber auch nicht zuviel spoilern. Die anderen Darsteller machen auch einen sehr guten Job. Erwähnenswert ist auch Barkhard Abdi. Er spielt Muse, den Anführer der Piraten. Von Piraten ist er der einzige der immer einen kühlen Kopf behält und weiß was zutun ist. Zwischen ihn und Hanks, den er versehnlich Ire nennt, entsteht sowas wie ein Freundschaft. Diese beiden sind sozusagen die Hauptdarsteller. Die anderen braucht man nicht sonderlich zuerwähnen.
Punktabzug gibt es weil mir die Handlung hier und da doch etwas zu dünn war. Gewisse Sachen, wichtig erscheinen, werden nur kurz angesprochen, aber nicht konsequent zuende erzählt. Zum Beispiel auf die Frage warum das Frachtschiff Maesk Alabama nicht bewaffnet ist obwohl man die gefährliche Gegend sehr gut kennt. Captain Phillips ist kein junger Spund und schon lange dabei. Trotzdem vertraut er darauf, dass er ohne Probleme nach Mumbasa kommt. Etwas naiv für meine Begriffe. Was mich auch gestört hat, war die Begründung für das handeln der Piraten. Diese werden in Somalia unterdrückt und müssen eine art Steuer abgeben. Das ganze wird nur angedeutet aber leider nicht mehr. Ich hätte mir da einen gewissen Zwist gewünscht. Zum Beispiel, dass Hanks diese Piraterie versteht. Das kam mir leider zu kurz. Ansonsten gibt es nicht viel zu bemängeln. Die Kameraführung war grandios. Die Wasserszenen und Actionszenen sind sehr glaubhaft dargestellt. Das Setting ist auch wunderbar. Musikalisch hätte ich mir etwas mehr gewünscht.
FAZIT: Greengras liefert mit Captain Phillips einen sehr spannendes Drama ab. Tom Hanks ist der absolute wahnsinn! Der Film gehört für mich definitiv zu einen der besten des Jahres. Unbedingt anschauen!
Marc-aus-Aachen
Marc-aus-Aachen

43 Follower 158 Kritiken User folgen

4,0
Veröffentlicht am 17. November 2013
Ein ziemlich gutes Stück Kino. Die Darstellung überzeugt durch (gefühlte) Realistätsnähe. Ob derartige Situationen wirklich so wie geschildert ablaufen, wissen wir natürlich nicht, aber es stellt sich in weiten Teilen nicht das Gefühl ein, einer Inszenierung zuzuschauen. Auch die Wendungen der Handlung sind formal unspektakulär spoiler: (was ein paar auf dem Boden versteute Scherben so alles bewirken können!)
aber wirkungsvoll und glaubwürdig. Die politischen Hintergründe werden kurz aber prägnant angedeutet. Hier hätte ich doch etwas mehr Information für das Publikum gewünscht. Die Lage in und um Somalia ist kompliziert und verworren. Da kämen ein paar Fakten und Hintergründe gut. Die somalischen Darsteller sind sehr überzeugend. Zu keinem Zeitpunkt sind sie die "Bösen". Schon früh entgleitet ihnen die Kontrolle über die Situation und trotz Überforderung versuchen sie, ihren Plan irgendwie durfchzuziehen. Was ihre verzweifelte Ausgangssituation verdeutlicht. Erst im letzten Drittel spoiler: (Verfolgung des Rettungsbotes und Befreiung daraus)
mutiert der Film zu einem US-Navy-Werbetrailer. Das nervt etwas und bringt Punktabzüge. Überragend ist Tom Hanks Schlussszene: allein schon hierfür hat er den Oskar verdient.
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