Wenn gefährliche Traditionen romantisiert und relativiert werden...
„Memoirs of a Geisha“ wurde 1997 von Arthur Golden geschrieben, der zehn Jahre an dem Buch arbeitete. Golden ist übrigens Amerikaner, was schon etwas kurios ist. Auf der anderen Seite ist es nicht verwunderlich, dass Ende der 90er ein breites Publikum die japanische Kultur rund um die Geishas durch einen amerikanischen Mann präsentiert bekommen hat. Eigentlich will ich über so was nicht wirklich urteilen, denn am Ende kommt es auf das Ergebnis an. Doch Golden erntete Kritik an seinem Buch, als eine der großen Geishas, welche er für die Recherche interviewte, ihn verklagte. Golden hatte ihren vollen Namen im Buch genannt, was sie offenbar nicht wollte. Die Klage wurde leider fallen gelassen… Ein ziemlich bitterer Beigeschmack, den man auch bei der Verfilmung von 2005 findet.
Zunächst war Steven Spielberg als Regisseur angedacht, doch dann hatte der Anfang der 2000er genug andere Filme zu drehen („Minority Report“, „.“, „Terminal“ usw.). Somit ging die Regie an Rob Marshall, der damals mit „Chicago“ für Aufmerksamkeit gesorgt hatte. Doch Marshall war dem Projekt offenbar nicht gewachsen, ebenso wenig wie sein Drehbuchschreiber Robin Swicord, denn das Endprodukt wurde zu einem sehr Klischee beladenen Drama, ohne viel Feingefühl für die teils schwere Thematik. Und als wäre das nicht genug, war der Cast der Figuren ein großer Skandal. Denn die Hauptdarstellerin Zhang Ziyi und die Nebendarstellerin Michelle Yeoh sind chinesischer Abstammung. Geisha kommen aber aus Japan und die Tatsache, dass eine chinesische Frau eine japanische Geisha spielt, ging absolut nicht klar… Eine schwierige Thematik, die ich teilweise albern und teilweise auch verständlich finde. Mir geht es aber (wie schon gesagt) um das Endergebnis. Doch das ist leider auch nur solider Durchschnitt…
Die Geschichte spielt Ende der 30er in Kyoto, Japan: Die kleine Chiyo und ihre Schwester werden vom Vater an ein Geisha-Haus verkauft. Doch beide werden am gleichen Abend getrennt und sehen sich nie wieder. Chiyo, die ganz auf sich gestellt ist, muss nun die harte Schule der Geishas bestehen...
Mittlerweile ist der Film 20 Jahre alt und würde sicherlich durch ein/e andere/n Regisseur/in deutlich besser umgesetzt werden. Marshall und Drehbuchautor Swicord inszenieren die Geschichte um die gepeinigte Sayuri/Chiyo mit viel Kitsch, Klischee und nervigen Hollywood-Dialogen. Und das ist auch das größte Problem an dem Film. So spannend die Thematik auch ist, so oberflächlich und melodramatisch wird sie erzählt. Dabei werden auch fragwürdige Dinge aufgeworfen und unkritisch behandelt, wie etwa das ganze System rund um Geishas und ihre „Dannas“, quasi eine Art Sugardaddy. Stattdessen wird vieles auf unangenehme Weise romantisiert, wie etwa absurde Schönheitsideale oder auch zwanghafte Prostitution. Wir als Zuschauer sollen Ehrfurcht vor der Tradition der Geisha haben, eine kritische Auseinandersetzung mit dieser so wichtigen Tradition sehen wir aber nicht.
Noch dazu fehlt es der Story immer wieder an Zeit. Der Film ist mit 145 Minuten zwar lang, trotzdem werden einige Handlungsstränge viel zu schnell abgehandelt. Und das Ende ist leider wirklich sehr lasch und wirkt wie in letzter Sekunde nachgedreht, sodass der Großteil der Zuschauer*innen mit einem guten Gefühl aus dem Film gehen könne…
Doch es gibt auch Positives: Die darstellerische Leistung ist durchweg gut, bis auf die Kinderdarsteller*innen. Die müssen allerdings auch gegen ein schwaches Drehbuch ankämpfen. Hauptdarstellerin Ziyi überzeugt als Sayuri/Chiyo und Gong Li als Hatsumomo spielt sehr stark eine der spannendsten Figuren.
Der Film sieht auch schick aus. Die Kamera von Dion Beebe bietet teilweise wundervolle Shots und gewann sogar einen Oscar. Der Film erhielt zudem noch zwei weitere Academy Awards für die Kostüme und die beste Art Direction. Wirklich widersprechen kann ich da auch nicht, der Film hat eine wundervolle Optik und eine berauschende Atmosphäre.
Im Soundbereich war der Film ebenfalls für drei Oscars nominiert, konnte aber keine gewinnen. Etwas schade ist es für John Williams gewesen, der für den Film eine großartige Musik komponierte. Für „Die Geisha“ gab Williams damals „Harry Potter und der Feuerkelch“ auf, was mich zwar ärgerte, aber ich muss auch zugeben, dass der Score zu „Geisha“ absolut beeindruckend ist. In meinen Augen ist die Musik zweifelsohne das beste Element an dem Film und verleiht vielen Szenen deutlich mehr Klasse und Dramatik.
Fazit: „Die Geisha“ hat in ihrer Grundstory das Potential für einen bewegenden Film, der sich kritisch mit der Thematik der japanischen Musen auseinander setzt. Rob Marshalls Interpretation des Stoffes ist jedoch kitschig, oberflächlich und teilweise problematisch. Optisch ist das Ganze jedoch wundervoll anzusehen und liefert einen starken Soundtrack vom Maestro John Williams. Doch viel mehr kann dieser Streifen nicht bieten...