Poor Things – Griff an die Vagina als Erfolgsrezept?!
Was – beinahe - die ganzen positiven Aspekte des Films in den Schatten und Vergessenheit stellt, ist eine Szene, in der der Hauptdarstellerin in den Schritt gefasst wird. Die Hauptfigur, ein Kind im Körper einer erwachsenen Frau, gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass sie an sexueller Interaktion Interesse hat. Dennoch greift ihr der Anwalt (Duncan) scheinbar mit Vergnügen recht plötzlich in den Schritt. Und es mag vielleicht im ersten Moment auch für Bella, der Hauptcharakterin, überraschend oder irritierend wirken, aber es gefällt ihr zunehmend und es führt schließlich zum Sex. Bella ist in der Folge zumindest in sexueller Hinsicht Duncan sehr zugetan und es folgt eine insbesondere sexreiche Beziehung.
Was für eine Botschaft vermittelt das dem Zuschauenden? Etwa, dass Donald Trumps Credo „Grab em by the pussy“ ein Erfolgsrezept ist? Einfach zugreifen! Wer unverfroren und übergriffig ist, der ist leidenschaftlich, der kommt gut an, den wollen die Frauen!
Das es sich dabei im Grunde nach noch um ein Kind handelt, bei dem ich das Gefühl habe es ist höchstens im Grundschulalter, macht das ganze natürlich noch ungemein schlimmer.
Ja, der Film hat viele positive Aspekte. Aber diese Szene darf nicht, wie mir leider scheint, in den unzähligen sehr positiven Rezensionen unkritisiert bleiben.
Sozialismus und Dekadenz, Hand in Hand?
Was ich im Übrigen auch verstörend finde war das positiv dargestellte Bild von „Sozialismus“ und „sozialer Gerechtigkeit“ – v. a. durch die Entwicklung der Protagonistin dahingehend – und die zeitgliche Verherrlichung von Dekadenz und Luxus (e.g. viele Reisen, adlige Schlösser und Kleidung, gut bürgerliche Verhältnisse, Kreuzfahrtschiffreise, teure Restaurants, unbeschwertes Leben). Man könne also getrost sozialistische oder dergleichen hehre Ziele öffentlich verlautbaren lassen, aber zugleich den Luxus genießen, den sich nur die reichsten – in einer kapitalistische, adligen, zumindest nicht sozialgerechten Welt - erlauben können. Ein passendes Bild dazu ist auch das optisch ungleiche Paar der älteren Dame im Rollstuhl mit ihrem jungen Begleiter, die ebenso hehre, philosophisch (anmutende), klug klingende Sätze hervorbringen – und zugleich auf dem luxuriösem Kreuzfahrtschiff reisen. Ein tolles Bild. Es ist gar nicht so realitätsfern.