In Die Balconettes gelingt Noémie Merlant ein seltenes Kunststück: Sie verwandelt rohe Wut und tiefe Verletzlichkeit in eine fiebrige, groteske Kinoerfahrung, die gleichzeitig verstört und befreit. Mit radikaler Offenheit erzählt der Film von weiblicher Selbstermächtigung, von der Ohnmacht gegenüber Gewalt – und von der anarchischen Kraft des Überlebens.
Merlant spielt virtuos mit Kontrasten: Brutalität und Humor, Ekel und Schönheit, Absurdität und echter Schmerz stehen unvermittelt nebeneinander. Gerade diese kunstvolle Überzeichnung, die bewusste Übertreibung ins Groteske, verleiht dem Film seine besondere Wahrhaftigkeit – er zeigt eine Welt, die so entgleist ist, dass sie nur noch durch Überzeichnung begreifbar wird.
Die Nacktheit der Figuren, oft roh und ungeschönt, wird nicht zur Ware gemacht, sondern zurückerobert – als Ausdruck von Freiheit, von Trotz, von unbändiger Lebenskraft.
"Die Balconettes" verlangt seinem Publikum Empathie, Mut und geistige Offenheit ab. Wer sich darauf einlässt, wird mit einem Film belohnt, der nicht belehrt, sondern aufwühlt – ein Werk, das im Chaos seiner Formen eine tiefe menschliche Wahrheit birgt.
Fazit:
In einer Zeit, in der feministische Filme oft glattgebügelt, lehrbuchhaft und gefällig auftreten, bricht Die Balconettes wie ein wilder Sturm in die Kinolandschaft. Noémie Merlant schafft ein fast unerreichbares Meisterwerk: ein feministisches Manifest von roher Schönheit, voller Zorn, Humor und anarchischer Kraft.
Hier wird nicht gepredigt oder erklärt – hier wird geschrien, geweint, gelacht, gekämpft. Der Film verweigert sich der Einordnung, bleibt widerspenstig und unangepasst. Und gerade in seiner Unvollkommenheit, in seinem Chaos und seiner Kompromisslosigkeit liegt seine Größe.
Ein Werk, das den Zuschauer fordert – und ihn, wenn er es zulässt, verändert.