Manche Filme erfinden das Rad nicht neu, aber manche müssen das auch nicht. Der belgische Film „Young Hearts“ erzählt eine Geschichte, die wir schon häufig im Kino sehen konnte und dreht sich um eine Coming Of Age Geschichte, in deren Zentrum der junge Elias zum ersten Mal das Gefühl des Verliebtseins empfindet.
Elias verliebt sich nämlich recht schnell in den gegenüber neu zugezogenen Alexander. Das wirft Elias aber emotional hin und her, der zwar eine liebende Familie hat, eine Gruppe Freunde, eine vielleicht Festefreundin und ein erfülltes Leben. Doch in der Kleinstadt auf dem belgischen Land ist die Angst vor dem „Anders sein“ immer noch allgegenwärtig.
„Young Hearts“ bedient an so mancher Stelle die Klischees und beginnt mit den Opening-Credits während unser Protagonist auf dem Fahrrad zur Schule fährt, im Stall des Bauernhofes wird sich erstmals geküsst, eine Gruppe anonymer Bullys mobbt die Hauptfiguren und dennoch ist er auf weiten Strecken starkes, außergewöhnliches Kino. Den während solche Geschichten, mit positivem Grundton, junger Liebe, Coming Of Age Charakter und Happy End mit heterosexuellen Figuren schon wöchentlicher Standard ist, so wird „Young Hearts“ ein Film, den ich mir vor 15 Jahren gewünscht hätte.
Das LGBT-Kino ist zwar inzwischen sehr viel größer geworden, aber nicht im Mainstream verankert. In kleineren Programmkinos findet man dieses zwar vor, aber meist sind die Geschichten die dort erzählt werden zwar meisterlich, künstlerisch und von einzigartiger Schönheit, aber tonal meist traurig, pessimistisch und selten mit einem Happy End versehen. Auch „Young Hearts“ lief wieder abseits des Mainstream und wurde im kleinen Kino gespielt. Doch der positive Grundton hätte ich mir damals schon gewünscht. Alexanders Selbstbewusstsein, das er mit 14 bereits ausstrahlt und lebt ist ebenso inspiriert, wie die positive Einstellung der Familie. Der Vater, der als Schlagerstar von der ersten Liebe singt, aber seinen Sohn nicht richtig im Blick hat, am Ende aber überglücklich ist, die Mutter, die in jeder kleinsten Faser erkennt, dass ihr Sohn etwas beschäftigt. Der Bruder, der im unkonventionellen Outing zunächst kommentarlos am Rand sitzt, dann aber seinen Bruder eine Szene später in den Arm nimmt und ihn zu Alexander schickt. Der Großvater als emotionaler Anker, der Elias den entscheidenden Rat gibt.
An der Realität ist das zwar manchmal weit weg und diese grausiger und härter, aber als Motivation und positives Bild, kann es jungen Menschen durchaus Kraft geben.
Auch loben muss ich die beiden Hauptdarsteller Lou Gossens und Marius De Saeger, die beide fantastisch spielen.
Am Ende musste ich sogar mir ein paar Tränchen verdrücken, was durchaus ein gutes Zeichen ist.
„Young Hearts“ erfindet das Rad filmisch nicht neu, erzählt eine klassische Geschichte und würde unter Umständen nicht weiter auffallen. Doch im Kontext ist dies ein wunderschöner, positiver Film, den ich mir früher gewünscht hätte und jungen schwulen Menschen Kraft und Selbstbewusstsein geben kann. Da verzeihe ich die kleinen Makel.
Das Sandra Kims „Jáime La Vie“ gespielt wird gibt zudem von mir als großer ESC Fan Extrapunkte.