Zu viel Horror: ProSieben zeigt extra harte "Die Simpsons"-Episoden erst spät am Abend
Sidney Schering
Sidney Schering
-Freier Autor und Kritiker
Sidney verfolgt „Die Simpsons“ bereits seit ihrer ZDF-Ära. Am ProSieben-Vorabend waren sie zur Schulzeit sein „Nun ist Schluss mit Hausaufgaben“-Warnsignal. Heutzutage suchtet er die wandelbare Trickserie mit Freude auf Disney+.

Das gab es seit vielen Jahren nicht mehr: ProSieben räumt für seine Erstausstrahlung einer besonders harten Folge von „Die Simpsons“ ein Plätzchen am späten Fernsehabend frei. Generell steht für die gelbe Familie ein Umzug auf dem Free-TV-Sender an.

20th Television Animation

Zwar war es das ZDF, das „Die Simpsons“ 1991 ins deutsche Free-TV gebracht hat. Doch die Liaison zwischen dem öffentlich-rechtlichen Sender und der Familie aus Springfield war bloß ein vergleichsweise kurzes Stelldichein aus einer anderen Fernsehära: Seit 1994 sind „Die Simpsons“ und ProSieben eine feste Einheit – zwischendurch waren die gelben Chaosköpfe sogar so wichtig, dass es zu gewaltigen Fanprotesten kam, wann immer der Privatsender an den „Simpsons“-Sendezeiten rüttelte.

Einst waren solche Proteste stets von Erfolg gekrönt, doch auch dies dürfte Teil einer vergangenen TV-Epoche darstellen. Angesichts der Präsenz von Streamingdiensten ist nämlich nicht damit zu rechnen, dass folgende Neuigkeit für nennenswerten Gegenwind sorgt: Zum ersten Mal seit 24 Jahren wird ProSieben für neue „Simpsons“-Folgen keinen Primetime-Programmplatz mehr freiräumen! Stattdessen ziehen Homer, Marge, Bart, Lisa und Maggie auf einen früheren Sendeslot – mit Ausnahme von einer besonders finsteren Folge, die auf eine spätere Stunde verbannt wird!

Neue "Simpsons"-Folgen laufen bald auf dem altbekannten Slot für Wiederholungen

Der „Simpsons“-Umzug betrifft den Großteil der 35. Staffel: Im September und Oktober 2024 zeigte ProSieben bereits ein paar Episoden als deutsche Free-TV-Premiere zur Primetime. Die Einschaltquoten reichten allerdings nicht an frühere Glanzzeiten heran – was sicherlich darauf zurückzuführen ist, dass die Serie nunmehr auch auf Disney+ beheimatet ist. Und der Streamingdienst veröffentlichte am 7. Oktober 2024 sogleich die komplette 35. „Simpsons“-Staffel!

ProSieben zieht daraus nun Konsequenz: Ab Montag, den 10. März 2025, strahlt ProSieben die auf dem Kanal bislang ausstehenden „Simpsons“-Episoden der 35. Staffel als Free-TV-Premiere aus – allerdings schon am Vorabend ab 18.10 Uhr! Dass ProSieben-Premieren der Kultserie keinen prominenten Sendeplatz erhalten, sondern sich in den gelernten „Simpsons“-Vorabend eingliedern, geschah zuletzt 2001.

Doch das ist nicht der einzige Rücksturz in ProSieben-Verhältnisse, die über 20 Jahre zurückliegen: Eine extra garstige „Simpsons“-Folge wird der Privatsender nicht am Vorabend debütieren, sondern im Spätprogramm!

Lisa auf Mörderjagd: Zu brutal für das Tagesprogramm?

Bereits am Sonntag, den 9. März 2025, wird ProSieben die Free-TV-Premiere der Episode „Die Homer-Mutation“ abhalten – also der offiziellen Halloween-Episode aus Season 35. Die Folge feiert ihre ProSieben-Erstausstrahlung um 23.25 Uhr, gefolgt von Wiederholungen zwei weiterer Halloween-Folgen: „Simpsonsworld“ aus Staffel 34 und „Der Exorzismus von Maggie Simpson“ aus Staffel 29.

ProSieben begründet diese Programmplatzierung in einer Pressemitteilung damit, dass es sich dabei um drei „X-Rated“-Folgen mit FSK 16 handeln würde. Zudem erklärt der Sender, dass er erstmals eine derartige Sonderprogrammierung zeigt. Dies ist irreführend: Das X-Rating gibt es in Deutschland nicht und wurde in den USA bereits vor Jahrzehnten abgeschafft – und wäre viel zu streng für diese Episoden. Selbst an der FSK-Freigabe ab 16 darf gezweifelt werden, denn in der FSK-Datenbank ist keine der Folgen zu finden.

Man müsste sich also an der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (kurz FSF) orientieren. Und „Simpsonsworld“ sowie „Der Exorzismus von Maggie Simpson“ wurden bei ProSieben bereits zu Uhrzeiten gezeigt, zu denen die FSF keine 16er-Inhalte gestattet. Am wahrscheinlichsten ist, dass lediglich „Die Homer-Mutation“ von der FSF ab 16 freigegeben wurde. Disney+ empfiehlt die Horrorepisode allerdings schon ab zwölf Jahren.

Da es sich jedoch um eine, selbst am Maßstab der Halloween-Folgen gemessen, sehr blutige und garstig-komische „Simpsons“-Ausgabe handelt, ist es durchaus glaubwürdig, dass die FSF anders urteilte. In der Folge wird unter anderem David Finchers Serienkiller-Thriller „Sieben“ parodiert, indem man eine erwachsene Lisa Simpson auf Mörderhatz schickt. Ein Plot, der das Team hinter der Serie zu einigen expliziten Szenen und finsteren Plotentwicklungen inspirierte.

Ein Halloween-Special, das auf eine ikonische Episode zurückgreift

Besagtes „Die Homer-Mutation“-Segment verneigt sich zudem vor einer der beliebtesten „Simpsons“-Episoden überhaupt: „Am Kap der Angst“ aus Staffel fünf. In der Folge macht der frühere TV-Clown Tingeltangel Bob unerwartet ernsthaft und effektiv Jagd auf seinen Erzfeind Bart!

Allein unglücklich platzierten Harken und Musikklassikern ist es zu verdanken, dass der stachelhaarige Bengel die Episode überlebt. Mehr über die Inspiration zu dieser Kultfolge haben wir euch in einem separaten Artikel verraten:

Dieser Thriller von Martin Scorsese wird viel zu oft übersehen – dabei ist er die Vorlage für eine der besten "Simpsons"-Folgen!

Es ist ein faszinierender Zufall der TV-Historie, dass eben diese Folge ProSieben ebenfalls schon vor Herausforderungen stellte – genauso wie drei Halloween-Episoden der 1990er! Denn als ProSieben erstmals die fünfte „Simpsons“-Staffel zeigte, übersprang der Sender „Am Kap der Angst“. Auch bei den ersten Wiederholungen der Season war dies der Fall – auf Fan-Nachfrage wurden damals jugendschutzrechtliche Gründe genannt.

Im Februar 1998, fast viereinhalb Jahre nach der Weltpremiere der Episode, erledigte sich dies: Die Episode feierte ihre Deutschlandpremiere auf der Kaufkassette „Die Simpsons: Mörderische Geschichten aus Springfield“ – mit einer FSK-Freigabe ab sechs Jahren! Dennoch ließ sich ProSieben bis zum 2. Oktober 1999 Zeit, bevor der Sender die gleichermaßen spannende wie lustige Klassikerfolge endlich zeigte.

Die Ausstrahlung erfolgte dann um 16.30 Uhr als krönender Abschluss eines „Simpsons“-Marathons zur Feier des zehnjährigen Serienjubiläums. Noch im selben Jahr schickte ProSieben eine weitere „Simpsons“-Sonderprogrammierung über den Äther, die Ähnlichkeiten zum demnächst anstehenden „X-Rated“-Triple aufweist, aber mit deutlich mehr Fallhöhe daherkam:

In der Nacht vom 27. auf den 28. Dezember 1999 zeigte ProSieben in einem schaurig-blutigen Special sogleich drei „Simpsons“-Senderpremieren! Los ging das TV-Event um 23.45 Uhr mit „Furcht und Grauen ohne Ende“, der Halloween-Folge aus Staffel sechs, gefolgt von „Die Panik-Amok-Horror-Show“, der Halloween-Ausgabe aus Season sieben. Diese Episoden zeigte ProSieben vier respektive drei Jahre, nachdem der Kanal den Rest der betroffenen Staffeln ausgestrahlt hatte.

Wie bei „Am Kap der Angst“ wurden jugendschutzrechtliche Gründe genannt. Und wie Tingeltangel Bobs große Stunde feierten sie ihre Deutschlandpremiere nicht im TV, sondern auf Kaufkassette – in diesem Fall auf der im Juni 1999 veröffentlichten VHS „Die Simpsons: Extra scharf“, die ebenfalls eine FSK ab sechs zugesprochen bekam.

Abgeschlossen wurde der nachweihnachtliche Halloweenfolgen-Marathon 1999 mit „Das unheimliche Mord-Transplantat“ aus Staffel zehn. Hierbei handelte es sich sogar um eine Deutschlandpremiere, und die Wartezeit fiel für ungeduldige „Die Simpsons“-Fans recht kurz aus: Die Horror-Folge lief bloß zwei Wochen, nachdem ProSieben den Rest der Staffel auf einem früheren Programmplatz abgehakt hatte.

Ihr merkt: Springfield ist ein großer und daher ebenso faszinierender wie verwirrender TV-Kosmos. Das belegt auch eine spaßige Panne, die wir euch im folgenden Artikel erläutert haben!

"Die Simpsons": Dieser Fehler wurde 18 (!) Jahre nicht bemerkt – dabei ist er so offensichtlich!

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