Heute ohne Werbung im TV: Ein oscarnominierter Kultklassiker über einen der größten Skandale Deutschlands
Sidney Schering
Sidney Schering
-Freier Autor und Kritiker
Schon in der Grundschule las er Kino-Sachbücher und baute sich parallel dazu eine Film-Sammlung auf. Klar, dass er irgendwann hier landen musste.

Es ist ein Medienskandal, über den man noch Jahrzehnte später spricht: 1983 veröffentlichte der „Stern“ gefälschte Hitler-Tagebücher und gab sie als authentisch aus. Die pfiffige Satire „Schtonk!“ führt diesen Vorfall ad absurdum.

1983 ereignete sich einer der größten Medienskandale der deutschen Nachkriegszeit: Der „Stern“ veröffentlichte Adolf Hitlers Tagebücher – dachten die Verantwortlichen jedenfalls. Stattdessen ist die Hamburger Publikation auf (nicht einmal exorbitant gelungene) Fälschungen reingefallen!

Das zog gewaltige Diskussionen über journalistische Sorgfaltspflicht und Sensationsgier nach sich – und eine satirische Hit-Komödie mit Kultpotential. Die könnt ihr nun wieder werbefrei im Free-TV erwischen: arte zeigt heute, am 25. Mai 2025, ab 20.15 Uhr „Schtonk!“. Darüber hinaus könnt ihr den Film in der arte-Mediathek abrufen und bei Netflix streamen.

Das passiert in "Schtonk!"

Der einfallsreiche und opportunistische Kunstfälscher Fritz Knobel (Uwe Ochsenknecht) nutzt mit großer Freude die Leicht- und Gutgläubigkeit seiner Mitmenschen aus, um sich daran zu bereichern. Dieses Faible entwickelte er bereits als Bengel, indem er vermeintlich echte Hitler-Memorabilien vertickte. An dieser besorgniserregenden Faszination, die viele Deutsche für den Diktator haben, bedient er sich auch als Erwachsener:

Er gibt sich als Kunst- und Antiquitätenhändler Professor Dr. Knobel aus und macht dem Pleitegeier und Skandalreporter Hermann Willié (Götz George) ein „geheimes Tagebuch des Führers“ schmackhaft. Willié wittert in den seichten Einblicken in die vermeintlichen Gedanken Hitlers eine Weltsensation und sorgt dafür, dass sein Verlag sämtliche Geldhähne aufdreht, um sie veröffentlichen zu dürfen. Knobel glaubt, sein Opus magnum zu erschaffen und schludert ein Tagebuch nach dem nächsten raus – siegessicher, dass ihm niemand auf die Schliche kommen wird...

Das sind die wahren Hintergründe von "Schtonk!"

Neun Jahre nach dem wahren „Stern“-Skandal traf „Schtonk!“ einen Nerv beim deutschen Kinopublikum: Der von Helmut Dietl inszenierte und gemeinsam mit „Rennschwein Rudi Rüssel“-Autor Ulrich Limmer verfasste Film brachte es 1992 auf über 2,17 Millionen verkaufte Eintrittskarten! Zudem gewann die Satire einen Bambi sowie mehrere Deutsche Filmpreise. Darüber hinaus ergatterte sie eine Oscar-Nominierung als bester internationaler Film.

Der freche, groteske und teils ziemlich schrille Spaß über den Presse-Skandal ändert zwar die Namen der Beteiligten, orientiert sich aber sonst erstaunlich nah an der Realität: Von den begriffsstutzigen Pressemitgliedern über ungenierte Alt-Nazis bis hin zur Exzentrik des sich in seine seifenopernhafte Schreibe verliebenden Fälschers! Allein die Attitüde, mit der Dietl all dies präsentiert, macht aus dem dramatischen Skandal eine süffisante Satire.

Als der „Stern“ seine peinlichste Stunde 2019 im Podcast „Faking Hitler“ selbst aufarbeitete, ging er auch auf Dietls Farce ein – und musste einräumen, dass der Film sogar einige absurde Ereignisse ausgelassen oder geerdet hat, um glaubhaft zu wirken. Zwei Jahre später erschien unter demselben Titel zudem eine mit Lars Eidinger und Moritz Bleibtreu besetzte Miniserie, die sich detaillierter und in einem dramatischeren Tonfall mit dem Skandal auseinandersetzt.

Ein Aspekt, der in der Diskussion über „Schtonk!“ und den realen „Stern“-Skandal allerdings viel zu oft untergeht: Die Begeisterung, mit der sich das Magazin und sein Publikum auf die gefälschten Tagebücher stürzte, entlarvt nicht nur Sensationsgier und mangelnde Sorgfaltspflicht. Sie zeigt auch auf, wie weit verbreitet die Sehnsucht war, die grauenhaften Taten des NS-Regimes schönzureden.

Denn durch die gefälschten Tagebücher zieht sich eine stark verharmlosende Darstellung der NS-Ranghöchsten. Das spricht Bände über jene, die diese Geschichtsverzerrung geglaubt haben, über den Mann, der sie fabrizierte, und über jene, die sie unbedingt veröffentlichen wollten. Das journalistische Satireformat „Reschke Fernsehen“ widmete diesem oft ignorierten Aspekt des Skandals eine sehenswerte, entlarvende Ausgabe.

Wenn ihr nun Blut geleckt habt und Lust auf weitere sehenswerte Filme aus Deutschland verspürt: Im nachfolgenden Artikel stellen wir euch die Top Ten der FILMSTARTS-Community vor. Über mangelnde Genrevielfalt kann man da wahrlich nicht klagen: Es gibt Sci-Fi, Horror, Thrills und eine Komödie zu entdecken!

4,44 von 5 Sternen! Das ist der beste deutsche Film aller Zeiten – laut den deutschen Zuschauern

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