
Höhen, Tiefen, aufregende Cliffhanger, mitunter etwas dahindümpelndes Füllwerk: Wer sich seine Lieblingsserie von der Pilotepisode bis zum Finale vors Auge führt, weiß um die manchmal wechselhafte Qualität einzelner Episoden. Aber ebenso erkennt der geneigte Serienliebhaber Folgen an, die so perfekt durchkomponiert sind, so beeindruckende Performances bieten und sich einbrennende Bilder enthalten, dass sie unvergesslich bleiben.
Welche Folgen serienübergreifend nach Publikumsansicht von solch beeindruckender Makellosigkeit sind, lässt sich etwa durch entsprechende Filterung auf der Film- und Serienbewertungsplattform IMDb nachvollziehen: Bislang hat es nur eine Serienfolge geschafft, unter den User-Bewertungen auf IMDb den perfekten Score-Schnitt von 10 zu erhalten.

10 von 10 Sternen für "Ozymandias"
Und über diese 10-Sterne-Bewertung verfügt einzig und allein – Trommelwirbel – „Ozymandias“, die 60. Folge (Staffel 5, Folge 14) aus Vince Gilligans Antihelden-Epos „Breaking Bad“. Mit über 200.000 Bewertungen führt „Ozymandias“ gleichermaßen die IMDb-Liste zu den besten TV-Episoden an.
Wenn wir uns die Besprechungen zu dieser nervenaufreibenden Folge nach der Ausstrahlung 2013 bis in die Gegenwart hinein anschauen, überrascht die IMDb-Bewertung keineswegs: Bis heute wird „Ozymandias“ als mit höchster Intensität erzählter Kulminationspunkt innerhalb von „Breaking Bad“ betrachtet und hat es auch auf redaktionelle Bestenlisten zu hochwertigen TV-Episoden geschafft. Doch was verhandelt „Ozymandias“ genau? Achtung: Es folgen Spoiler. Wer bislang „Breaking Bad“ noch nicht geguckt hat, sollte in den Trailer schauen:

Ein Niedergang sondergleichen: Wovon "Ozymandias" handelt
Nach einer kurzen Rückblende zu Walter Whites (Bryan Cranston) Anfängen als Crystal Meth-Hersteller in der Wüste setzt „Ozymandias“ beim Cliffhanger der vorangegangenen Folge „To’hajiilee“ an und erzählt den Niedergang von Walts sorgsam aufgebautem Drogen-Imperium und Doppelleben weiter: Walts Plan, seinen langjährigen Komplizen Jesse (Aaron Paul) durch eine Gang ermorden zu lassen, ist schiefgegangen.

Er muss stattdessen mitansehen, wie sein ihm auf die Schliche gekommener Schwager und Drogenfahnder Hank (Dean Norris) von dieser Gang hingerichtet wird, die sich auch noch fast alle von Walts im Wüstensand vergrabene Geldfässer unter den Nagel reißt. Nach fehlgeleiteter Rache sinnend, verrät Walt noch Jesse, der sich ängstlich vor der Gang unter einem Auto versteckt hatte. Daraufhin wird Jesse von der Gang gefangen genommen, um später gefoltert und zur Meth-Herstellung gezwungen zu werden.

Unterdessen schafft es Walt mit dem letzten Geldfass, das ihm noch bleibt, aus der Wüste zu entkommen und will die Flucht für sich und seine Familie vorbereiten. Doch sowohl Walts Ehefrau Skyler (Anna Gunn) als auch sein Teenagersohn Walter Jr. (RJ Mitte) weigern sich mit dem inzwischen gänzlich verwandelten Walt zu fliehen. In einem dramatischen Showdown verjagen ihn Skyler und Walter Jr., woraufhin Walt die Säuglingstochter Holly entführt.
Einige Zeit später kommt er zur Besinnung und ruft in der Gewissheit, dass sie inzwischen von der Polizei abgehört wird, bei Skyler an. Um seine Ehefrau zu entlasten, hält Walt eine Wutrede auf sie, spricht stolz von seiner Alleintäterschaft und gibt zugleich zu erkennen, dass Hank nicht mehr am Leben ist. Unter Tränen setzt er Holly schließlich in einer Feuerwehrstation aus und lässt sich am nächsten Tag mit gepackten Koffern und seinem Geldfass von einem Mann abholen, der ihm eine neue Identität beschaffen wird.
"Ein Bild von düstrem Grame": Die Inspiration hinter "Ozymandias"
Geschrieben wurde das Skript zu „Ozymandias“ von Drehbuchautorin Moira Walley-Beckett, die schon an acht „Breaking Bad“-Episoden zuvor mitgewirkt hatte. Zum Folgentitel ließ sich Walley-Beckett nach eigener Aussage von Percy Bysshe Shelleys gleichnamigem Sonnet „Ozymandias“ (1817) inspirieren. Dieses Gedicht handelt von einem Wanderer, der in der Wüste die Trümmer eines einst gewaltigen Monuments für den Pharao Ramses II. (auch bekannt als Ozymandias) erblickt und über die Vergänglichkeit aller Macht sinniert.
In der deutschen Übersetzung schließt das Gedicht mit den Versen „Nichts weiter blieb. Ein Bild von düstrem Grame, / Dehnt um die Trümmer endlos, kahl, eintönig / Die Wüste sich, die den Koloß begräbt.“ Obwohl das Gedicht in der Folge mit keiner Silbe erwähnt wird, liegen die Bezüge zu Walter Whites Schicksal in „Breaking Bad“ auf der Hand: All sein Geld, seine Macht und sein Hochmut sind in „Ozymandias“ im Niedergang begriffen und es werden nur Trümmer und Trauer verbleiben – für Walt und seine Familie.
Was man im Verlauf der vorangegangenen 59 Folgen erahnt und befürchtet hatte, wird in „Ozymandias“ auf brutale und auch berührende Weise durchexerziert, bis auch der letzte Zuschauer begriffen haben sollte, dass „Breaking Bad“ nie eine Heldengeschichte war, sondern die konsequente Schilderung einer monströsen charakterlichen Wandlung.
Wer den begnadeten Bryan Cranston wieder in einer etwas alberneren Rolle sehen will, erfährt hier mehr dazu:
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