Ich fand "A Most Violent Year" richtig super. Der Vergleich mit Filmen von Sidney Lumet & Co. über das New York der vergangenen Jahrzehnte ist gelungen. Denn das hier ist teilweise auch eine gemütliche Version davon, aber doch ebenso gefährlich - kein Woody Allen also. Abgesehen vom fürchterlichen Song in Credits, war die Musikuntermalung sehr gelungen und hat das zusammen mit der Kamera sehr gut hinbekommen.
Der Film erzählt eine sehr interessante Geschichte über Moral und Geschäfte. Dabei ist er jedoch in so ruhigem Tempo dargeboten, dass man eine Ahnung davon bekommt, wie Wirtschaft, Kriminalität und Politik zusammenwirken. Das ist spannend, aber eben nicht überdreht dargestellt, sondern ziemlich realistisch. Gelangweilt habe ich mich nie! Dazu hat auch das Stilmittel des Andeutens beigetragen: Man bekommt Skizzen davon, wie Abel und Anne sich mit ihrem Geschäft entsprechend entwickelt haben könnten. Verwunderlich fand ich letztlich nur, dass der angedeutete Gangster-Schwiegervater dann nicht doch einmal auftritt bzw. irgendeine weitere Rolle spielte. So hatte ich das nämlich erwartet.
Die Schauspieler sind letztlich das Zentrum des Films. Ich fand dabei nicht, dass Oscar Isaacs Figur etwas von Al Pacino-Figuren hat. Er versteht es ziemlich gut Abel darzustellen, der jetzt eine Krise durchmachen muss. Jessica Chastein wiederum hatte ich nun noch rabiater erwartet. Es ist vor allen Dingen ihre Figur, weniger die Darstellung, die hier so wichtig ist. Als einzig echter Kritikpunkt wäre nun zu bemängeln, dass die anderen Figuren nicht so viel Raum bekommen. Warum Walsh beispielsweise der treue Helfer ist, wie sich deren Beziehung, aber auch die zwischen den anderen Ölhändlern entwickelt hat, hätte ruhig vertieft werden können.
Fazit: Eine extrem detaillierte, atmosphärische und gut gespielte Studie über die Verwicklung von Moral und Geschäften. J. C. Chandor ist dabei fast wie Peter Weir ein Regisseur, der seine Figuren im Mittelpunkt hat - und das liebe ich!