David Fincher zählt zu den größten Regisseuren der Gegenwart. Mit „Sieben“ und „Fight Club“ verantwortete er gleich zwei der größten Kultfilme der 90er, mit „Zodiac“ und „The Social Network“ zwei der besten Filme nach der Jahrtausendwende – und mit „Panic Room“ ein unter jenen gefeierten Ausnahmewerken oft vernachlässigtes Highlight, der in der FILMSTARTS-Kritik dennoch nur haarscharf an der Bestnote vorbeischrammte und für den Autor dieses Artikels zu den besten Thrillern der 2000er zählt. Nun feierte er seine sehnlich erwartete Rückkehr ins Heimkino – und zugleich ein Upgrade, hinter dem mehr als nur die gängige Überarbeitung von Bild und Ton steckt.
Nachdem es den Film mit Oscarpreisträgerin Jodie Foster (für „Angeklagt“ und „Das Schweigen der Lämmer“) und „Twilight“-Star Kristen Stewart bis dato ausschließlich auf VHS und DVD gab, feierte „Panic Room“ kürzlich seine überfällige Premiere auf Blu-ray – als limitierte Edition, die den Film auch gleich noch auf 4K-Blu-ray enthält:
Falls ihr zu den Menschen gehört, die – wie auch der Autor dieses Artikels – seit vielen Jahren auf eine Auswertung des ebenso spannenden wie stylischen Kammerspiels gewartet haben, dürften euch die Reviews zur kürzlich veröffentlichten Ausgabe begeistern. Auf zahlreichen Portalen, wie unter anderem Blu-ray.com, schneidet das 3-Disc-Set schlicht hervorragend ab.
„Was für ein Debüt“, wird hier unter anderem von der UHD-Premiere geschwärmt – von dem herausragenden Ton, den umfassenden Extras sowie nicht zuletzt auch von der Bildqualität. Denn der Film wurde von dem Originalnegativ abgetastet und komplett in 4K restauriert – und das sieht man ihm an! Darüber hinaus trat der Ultra-HD-Neuling allerdings auch eine kleine Kontroverse los…
"Panic Room": Mittels Künstlicher Intelligenz überarbeitet?
Wie unter anderem auf YouTube sowie X festgestellt wurde, erstrahlt „Panic Room“ nicht nur in neuem Glanz. Obendrein scheinen Fincher und sein Team auch Änderungen an der uns bekannten Version des Films vorgenommen zu haben:
Nachdem kürzlich bereits im Zuge der 4K-Restauration von „Sieben“ Künstliche Intelligenz zum Einsatz kam, dürfte man sich auch im Falle von „Panic Room“ die digitalen Möglichkeiten der heutigen Zeit zunutze gemacht haben. Ganz so groß wie etwa bei „E.T. - Der Außerirdische“, bei dem Steven Spielberg nachträglich Waffen durch Walkie-Talkies ersetzte, oder George Lucas' Anpassungen im Zuge seiner „Star Wars“-Re-Releases fallen die Änderungen hier allerdings nicht aus. Stattdessen geht es hier um kleine Details:
Eine bis dato von hinten gezeigte Cola-Dose sieht man nun plötzlich von der anderen Seite (inklusive berühmtem Schriftzug) – und ein bis dato natürlich wehender Vorhang im Hintergrund hängt plötzlich kerzengerade gen Boden.
Wie auch schon bei „Sieben“ holt Fincher das alte, legendäre Coca-Cola-Logo ins Bild. Warum? Womöglich einfach, weil es ihm gefällt. Der 62-Jährige kommt schließlich aus der Werbung, bringt dementsprechend auch ein besonderes Auge für Ästhetik mit – wie jedem seiner herausragend inszenierten, visuell bis ins kleinste Detail durchkomponierten Filmen immer wieder anzumerken ist. Ähnlich ließe sich auch der Vorhang erklären.

Dieser wehte bislang vergleichsweise lebendig vor dem Fenster. Etwas ganz Natürliches, wie es wohl jeder von zuhause kennt. Fincher aber ist ein äußerst visueller Storyteller, der inszenatorische Stilmittel und Settings als treibende Kraft für seine Geschichten nutzt – und zu einem wesentlichen Teil seiner Erzählungen macht, der über allem schwebt.
Der nun perfekt drapierte, fast schon unnatürlich gerade hängende Vorhang ist ein vermeintlich unwichtiges, aber durchaus entscheidendes Detail, das zum Worldbuilding beiträgt. Ein Detail, das viele wohl gar nicht wahrnehmen würden, wenn sie nichts davon wüssten. Als Perfektionist weiß Fincher aber natürlich, dass er damit seinem Schauplatz den letzten Feinschliff verpasst.
Schließlich befindet sich der titelgebende Panikraum in einem gigantischen Anwesen, das, egal wo auf der Welt es stehen würde, für jeden Normalsterblichen unleistbar wäre – und das im Film obendrein in einer der teuersten Gegenden des Planeten steht: Manhattan. Das Haus wirkt so einerseits wie die Blaupause eines perfekten Eigenheims, das viel zu schön, um wahr zu sein ist. Zugleich sind die weiten Flure, die endlosen Treppen und die großen Hallen aufgrund eben dieser Perfektion alles andere als ein wohlig-warmes Zuhause, sondern ein bedrohlicher und lebloser Ort – dessen Kälte Fincher mit der Dunkelheit der Nacht, stark bläulichem Color-Grading und kühlem Perfektionismus Ausdruck verleiht. Um letzteren zu erzielen, gilt es jede Möglichkeit dafür zu nutzen – und diese sind in dem ansonsten noch weitestgehend leerstehenden Haus nun mal begrenzt.
Das Damoklesschwert der Künstlichen Intelligenz
Hätte es diese Änderungen gebraucht? Vermutlich nicht. Die 4K-Restauration kommt im direkten Vergleich zu den bisher verfügbaren „Panic Room“-Fassungen mit einem Qualitätssprung um die Ecke, der dem nicht zuletzt auch visuell unglaublich anspruchsvollen Film vollends gerecht wird. Endlich mal wieder ein Upgrade, das sich lohnt und die technischen Möglichkeiten moderner Restaurationsarbeit vollends ausschöpft. Am Ende ist David Fincher aber eben auch ein Perfektionist, der seine Vision mit unbedingtem Stilwillen realisieren will – und sei es mit jahrelanger Verspätung.
Dem Film selbst schaden jene kleinen Anpassungen per se freilich nicht, machen sie doch kaum einen Unterschied. Ob man Künstliche Intelligenz als nützliches Tool betrachtet, das dem kreativen Prozess zuträglich ist, oder ob die (Film-)Kunst damit entmenschlicht wird... darüber dürften sich die Geister scheiden. Eines aber scheint klar: KI wird zu einem immer größeren Teil unseres Alltags – der in vielen Lebensbereichen immer wichtiger wird, so auch im Heimkino sowie längst auch im Kino:
Meisterwerk oder Mogelpackung: KI-Kontroverse überschattet einen der meistgefeierten Filme 2024 – Oscar-Chancen in Gefahr?*Bei dem Link zum Angebot von Amazon handelt es sich um einen sogenannten Affiliate-Link. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision.