Der beste Gangsterfilm 2024 kam aus Deutschland – heute Abend könnt ihr den gnadenlos guten Vorgänger streamen
Lars-Christian Daniels
Lars-Christian Daniels
Hollywood-Blockbuster schaut Lars immer seltener – das neueste James-Bond-Abenteuer lässt er sich aber nie entgehen. Ansonsten trifft man den vielleicht größten "Tatort"-Experten des Landes vor allem auf Filmfestivals und im Arthouse-Kino.

„Verbrannte Erde“ von Filmemacher Thomas Arslan kürte FILMSTARTS zum besten Gangsterfilm des letzten Jahres. Der Vorgänger „Im Schatten“ von 2010 erzählt die Vorgeschichte dazu – und ist genauso sehenswert! Heute Abend streamen.

Schramm Film

„Ein deutscher Thriller, der in einer Liga mit den ganz großen Genreidolen spielt“, adelte FILMSTARTS-Autor Michael Meyns den hochspannenden Gangsterfilm „Verbrannte Erde“ 2024 in seiner Filmkritik. Der schnörkellose, von jedem überflüssigen Ballast befreite Berlinale-Beitrag von Regisseur Thomas Arslan erinnert nicht von ungefähr an Nicolas Winding Refns Neo- Noir-Meisterwerk „Drive“ und erzählt die Geschichte des Kriminellen Trojan (Mišel Maticevic), der als Teil einer vierköpfigen Gangstertruppe mit dem Raub eines wertvollen Gemäldes beauftragt wird.

Was viele Zuschauer gar nicht wissen: Trojan streifte schon einmal unter Regie von Thomas Arslan durch die Berliner Unterwelt – und zwar im nicht minder grandiosen, inhaltlich für sich allein stehenden Großstadtthriller „Im Schatten“ aus dem Jahre 2010.

Den packenden Vorgänger aus dem Jahr 2010 könnt ihr momentan in Amazons Prime Video Channel MUBI streamen. Die ersten sieben Tage sind hier kostenlos, danach fallen monatlich 13,99 Euro an.

Darum geht es in "Im Schatten":

Der kriminelle Trojan hat eine fünfjährige Haftstrafe abgesessen. Sein erster Weg führt ihn zu seinem ehemaligen Komplizen Richard Bauer (Peter Kurth), der nach einem gemeinsamen Coup straffrei blieb, weil Trojan ihn nicht verpfiffen hat. Statt ihm seinen Anteil der Beute zu geben, speist Bauer Trojan allerdings mit 10.000 Euro ab und hetzt ihm zwei Killer auf den Hals, die Trojan jedoch überwältigen kann. Weil er Geld für sein neues Leben in Freiheit braucht, trifft sich Trojan mit dem „Planer“ (Hanns Zischler), der ihn für einen Überfall auf einen Juwelier anheuern will…

… doch Trojan sagt den Auftrag ab, weil er weder mit dem Drogendealer Ben (Timo Jacobs) noch mit dem heroinsüchtigen Wolf (Albrecht Hirche) zusammenarbeiten will. Die mit ihm befreundete Pflichtverteidigerin Dora Hillmann (Karoline Eichhorn) erzählt ihm von einer anderen Chance: Sie sucht jemanden, der mit einem ihr bekannten Fahrer eines Geldtransporters, Martin Krürger (David Scheller), einen Überfall auf das Fahrzeug arrangiert. Trojan sagt zu und holt seinen Kumpel Nico (Rainer Bock) mit ins Boot. Er ahnt nicht, dass der korrupte Polizist René Meyer (Uwe Bohm) die Crew beobachtet und scharf auf die Beute ist…

Hat Trojan im Blick: Der korrupte Polizist René Meyer (Uwe Bohm). Schramm Film
Hat Trojan im Blick: Der korrupte Polizist René Meyer (Uwe Bohm).

Packender Gangsterfilm mit Heist-Motiven

Wer „Verbrannte Erde“ liebt, wird auch „Im Schatten“ lieben – und umgekehrt. Denn die mit Heist-Motiven gespickten Gangstergeschichten sind fast deckungsgleich: Hier wie dort gibt es eine weibliche Auftraggeberin, die den Coup im Hintergrund einfädelt und den erfahrenen Trojan für die Drecksarbeit im Team haben will. Hier wie dort gerät das Überfallteam trotz seines professionellen Vorgehens ins Visier konkurrierender Gangster, was dem Geschehen noch mehr Brisanz einhaucht. Und obwohl vierzehn Jahre zwischen den Filmen liegen, setzt Thomas Arslan darin auf sehr ähnliche, zeitlose Stilelemente.

Unaufgeregt, präzise und schnörkellos treibt er das Geschehen voran: Gesprochen wird nur, wenn es nötig ist. Statt teurer Schlitten nutzen die Kriminellen klapprige Volvos oder spießige A-Klassen, um von A nach B zu kommen. Der auffallend reduzierte Soundtrack setzt feine Akzente in der steilen Spannungskurve. Das passt ganz wunderbar zu den gewöhnlichen, weil so alltäglichen Settings, die wir in unserem Leben fast alle schon einmal besucht haben. Man trifft sich in Cafés oder an Tankstellen, in Dönerläden und Wettbüros, übergibt Geldtaschen im laufenden Betrieb von Autowaschanlagen.

Trojan weichen wir dabei nur wenige Minuten von der Seite. Fast alles konzentriert sich auf den wortkargen Vollprofi, der die Hände oft in den Taschen seiner Lederjacke verbirgt und sein Hotelzimmer in James-Bond-Manier gegen unliebsame Gäste absichert. Warum wir mit ihm mitfiebern, ist einer der großen Faszinationspunkte des Films – wir erfahren praktisch nichts über den Mann, auch nichts, was wir besonders sympathisch finden könnten. Er definiert sich über sein Handeln und beeindruckt uns damit. Trojan ist die Identifikationsfigur dieses erstklassigen Beitrags zum so häufig kritisierten deutschen Genrekino.

Treff im Café: Dora Hillmann (Karoline Eichhorn) und Trojan (Mišel Maticevic). Schramm Film
Treff im Café: Dora Hillmann (Karoline Eichhorn) und Trojan (Mišel Maticevic).

Keine Angst vor großen Vorbildern

Wenngleich „Im Schatten“ oft mit Jean-Pierre Melvilles Werken wie „Vier im roten Kreis“ verglichen wird, sieht Thomas Arslan selbst seinen Film in der Tradition von Don Siegels Klassiker „Der große Coup“. Auch Motive klassischer Agentenstoffe halten Einzug: Lange geschieht wenig Spektakuläres, dafür werden wir Zeugen minutenlanger, fast geräuschloser Autofahrten und Beschattungen. Das liest sich wenig mitreißend, langweilt aber keine Sekunde. Ähnlich wie in „Verbrannte Erde“ schaltet der Thriller erst auf der Zielgeraden zwei Gänge hoch und gipfelt in einem dramatischen Finale, in dem keine Gefangenen gemacht werden. Die Schüsse fallen dabei nicht wahllos, sondern gezielt.

Auch beim adrenalinschwangeren Showdown lebt „Im Schatten“ nicht von ausufernder Action, sondern von fiebrig-nüchterner Ästhetik, wie sie etwa das Gangsterdrama „The American“ mit George Clooney ausmacht. Solch große Namen zählen hier freilich nicht zum Cast – dem kleinen Budget zum Trotz ist die Besetzung der wichtigsten Rollen dennoch erste Sahne. Während Hanns Zischler und der großartige Peter Kurth nur wenig Leinwandzeit und Karoline Eichhorn wenig Raum zur Entfaltung bekommen, spielt sich neben Hauptdarsteller Mišel Maticevic vor allem Uwe Bohm als skrupellos-gieriger Widersacher in den Vordergrund.

Und falls ihr nach „Im Schatten“ Lust auf ein weiteres Highlight habt, könnt ihr euch den laut Publikum „besten Film aller Zeiten“ im Streaming anschauen. Um welchen Film es sich dabei handelt, erfahrt ihr im nachfolgenden Artikel:

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