Tom Ford machte sich in den 90er-Jahren einen Namen als Modedesigner bei Gucci, als er die Marke praktisch aus dem Bankrott hievte und das Haus stilgebend prägte. Auch nach seinem Ausstieg blieb er der Modewelt mit seinem eigens gegründeten Label erhalten und steht mit seinem Namen bis heute für Eleganz und klare Linien. Längst wird er aber nicht mehr nur für seine Mode gefeiert, sondern hat auch zwei Filme vorzuweisen, die stilistisch ebenso seine Handschrift tragen.
Sein Debüt „A Single Man”, der auf der Romanvorlage von Christopher Isherwood* basiert und vom letzten Tag eines trauernden Mannes erzählt, wurde hochgelobt und brachte Colin Firth eine Oscar-Nominierung ein. Auch bei seinem zweiten Film „Nocturnal Animals” handelt es sich um eine Romanverfilmung: Austin Wrights Buchvorlage wurde ursprünglich unter dem Titel „Tony & Susan”* veröffentlicht. Ähnlich wie schon „A Single Man” zeichnet „Nocturnal Animals” eine auf Hochglanz polierte Optik aus, die bei genauerer Betrachtung immer spröder wird. Unter der glänzenden Oberfläche verbergen sich, Traumata, Ängste und emotionale Verstrickungen. Ihr könnt den Film aktuell auf Amazon Prime Video kaufen oder leihen:
Das ist "Nocturnal Animals":
Susan (Amy Adams) ist eine erfolgreiche Galeristin in New York, die in einer perfekt arrangierten Welt lebt: Ihr Job, ihre Wohnung, sogar ihr Mann sind makellos. Doch hinter der schillernden Fassade verbergen sich Leere und Scheitern, die erst zu Tage kommen, als sie eines Tages plötzlich ein ihr gewidmetes Romanmanuskript mit Namen „Nocturnal Animals” von ihrem Ex-Mann Edward (Jake Gyllenhaal) zugesandt bekommt. Sie beginnt darin zu lesen und vor ihr eröffnet sich ein brutaler Rachethriller über Tony (ebenfalls Gyllenhaal), dessen Familie auf einer abgelegenen Straße von einer Gang (angeführt von einem kaum wiederzuerkennenden Aaron Taylor-Johnson) angegriffen wird. Tony schwört daraufhin Rache.
Zutiefst bewegt von der Geschichte beginnt sie, ihr Leben und ihre gescheiterte Ehe zu reflektieren. Die „Geschichte in der Geschichte” wird zum narrativen Spiegel, der verdrängte Schuldgefühle und verpasste Chancen sichtbar macht: Susans und Tonys Ebene verschränken sich dabei nicht nur über ihre Gedanken, sondern auch auf visueller Ebene. Ineinandergreifende Schnitte und sich spiegelnde Bildkompositionen verbinden Susans Jetzt-Zeit mit ihren Erinnerungen und führen wiederum mitten in den Roman hinein.
Kunst begehrt auf, wo Logik versagt
Während die Geschichte Fragen stellt nach persönlicher Verantwortung, nach Lebensentwürfen und nach Zusammenhalt, macht sie gleichzeitig auch zwei Welten auf, die einander gegenüber stehen: Rationalität, Logik und Zynismus vs. Kreativität, Sensibilität und Romantik. Und gleichzeitig heißt es auch: Geld und Erfolg vs. Armut und Misserfolg. Eine gewisse Parallele zu Max Frischs „Homo Faber” lässt sich da nicht leugnen und wenig überraschend ist es dann auch, dass die Welten sich so sehr gar nicht gegenüberstehen - beziehungsweise dass sich die Welt der Emotionen nicht nur die des Verstandes ausblenden lässt.
Und genauso wenig überraschend ist es, dass diejenigen, die sich gegen die Romantik entscheiden, früher oder später von ihren Gefühlen eingeholt und mit sich selbst konfrontiert werden: Susan bewegt sich durch eine kalte, emotionslose Welt, umgibt sich mit schöner Kunst, die aber genauso oberflächlich und sinnentleert ist wie sie selbst. Die kühle, sterile Welt der Kunstgalerien steht dabei im Kontrast mit der staubigen, rauen Ästhetik, die dem von ihr gelesenen Roman innewohnt - die Welten überlappen und durchdringen sich, bis Susan klein beigibt und sich ihren Versäumnissen stellen will. Doch es ist zu spät - die Romantik, für die kein Platz in ihrem Leben war, hat schon längst gewonnen.
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