So darf es für die Reihe gerne weitergehen!
Von Sidney ScheringKaum wurde „Predator“ (mit Arnold Schwarzenegger) zum Kinohit, baute man den Sci-Fi-Action-Reißer zum Multimedia-Franchise aus: Während man sich auf der Leinwand zunächst damit begnügte, das Dschungelsetting in „Predator 2“ (ohne Arnold Schwarzenegger) gegen den Großstadtdschungel auszutauschen, wurde in den Comics rasch eine denkbar simple, aber effektive Formel etabliert: Das titelgebende Killer-Alien nimmt es hier mit den weltbesten Krieger*innen aus den verschiedenen Menschheitsepochen auf. So sorgten die Predators in den Sprechblasengeschichten nicht nur für Stunk während des Kalten Kriegs, sondern mischten sich auch in den Kampf verfeindeter Knastgangs ein.
Nach den finanziell nur mäßig überzeugenden „Predators“ und „Predator – Upgrade“ griff 2022 der „10 Cloverfield Lane“-Regisseur Dan Trachtenberg die Freude an der Vergangenheitsreise endlich auch in einem Film auf: In „Prey“ erzählt er vom Clash eines Predators mit einer Komantschin im Nordamerika des 18. Jahrhunderts. Jetzt legt er gleich doppelt nach und sorgt so endgültig dafür, dass die Sprunghaftigkeit der „Predator“-Comics auch filmisch Gestalt annimmt: Bevor es im November im Kino mit dem Realfilm „Predator: Badlands“ weitergeht, gibt es nun erst einmal den von Trachtenberg und Micho Robert Rutare inszenierten Animationsfilm „Predator: Killer Of Killers“. In dem exklusiv für Disney+ entwickelten Episodenfilm steht der Spaß am ständigen Setting-Wechsel ebenso im Vordergrund wie am blutigen Zerhackstückeln!
Drei verschiedene Epochen, jedes Mal dasselbe Lied: Während Menschen ihre persönliche Schlacht schlagen, mischt sich ein Predator in das allgemeine Blutvergießen ein! Zunächst nimmt eine Wikinger-Kriegerin ihren Sohn auf eine gefährliche Reise mit, um eiskalte Rache zu üben. In der zweiten Episode geht es um Brüder im feudalen Japan, die seit ihrer Kindheit getrennte Wege gehen. Während einer zum Samurai heranwuchs, ist der andere ein Ninja – und jetzt, im Erwachsenenalter, kommt es zum bitteren Machtkampf. Im dritten Kapitel platzt ein Predator während des Zweiten Weltkriegs in einen Luftkampf. Allein ein schmächtiger Pilot in einer klapprigen Maschine ist gewieft genug, die Gefahr zu durchschauen. Aber hat er das Zeug dazu, den Rest seiner Fliegerstaffel anzuführen?
Co-Regisseur Micho Robert Rutare entwickelte zwar gemeinsam mit Trachtenberg die Storys, verfasste jedoch laut Abspann im Alleingang das endgültige Drehbuch. Bislang war Rutare primär für Trash wie „Mega Shark Vs. Crocosaurus“ oder die „Sharknado“-Reihe bekannt – und so ganz konnte Rutare diese Vergangenheit wohl nicht abschütteln. Denn die allergrößte Schwäche von „Predator: Killer Of Killers“ sind die Dialoge: Die Figuren unterhalten sich größtenteils in geradliniger Exposition, Worthülsen und vorhersehbaren, mehr cool gemeinten als tatsächlich coolen Sprüchen. Zudem haben sich Trachtenberg und Rutare für einen inkonsistenten Umgang mit den verschiedenen Sprachen ihrer Settings entschieden:
Mal werden nicht-englische Dialoge untertitelt, mal sprechen Figuren Englisch mit Akzent, was signalisieren soll, dass sie sich in Wahrheit in ihrer eigenen Sprache unterhalten, wir aber eine „übersetzte“ Version hören. Beide Ansätze haben Vor- und Nachteile – wenn sie aber in ein und demselben Film durchmischt werden, wirkt das ungelenk. Glücklicherweise machen sich diese Schwächen aber bloß sporadisch bemerkbar: Geht erst einmal der Kampf auf Leben und Tod los, sparen sich die Figuren ihren Atem eh für Dringlicheres – und die zweite Episode kommt sowieso nahezu dialogfrei daher.
Da ist es nur konsequent, dass sich die zweite Episode auch als diejenige mit dem höchsten Coolness-Faktor entpuppt: Denn die Japan-Episode glänzt mit schnörkellosem Erzählfluss, malerischen Hintergründen sowie abwechslungsreicher Action! Es bräuchte das titelgebende Alien nicht einmal, da schon der Kampf Mensch-gegen-Mensch in fesselnden Scharmützeln erzählt wird, die zwischen taktischem Schleichem zu plötzlichen Gewaltausbrüchen hin und her wechseln. Das ist auch ohne Sci-Fi-Element packend, aber sobald sich der Predator in diesen Konflikt einmischt, kommt eben auch noch richtig schön derber Splatter ins Spiel. Menschen werden in Teile gerissen, zerplatzt und zermatscht, all das in stilvoll-morbider Façon, wie sie im Realfilm kaum umsetzbar wäre.
Auch die Action in den anderen Kapiteln kann sich sehen lassen: Im Wikinger-Segment gibt es einen kurzen, spektakulär-brachialen Gewaltschub, in dem sich Muskelpakete mit Äxten und scharfen Schilden malträtieren, bevor im Kampf gegen den Predator zunehmend taktisches Vorgehen gefragt ist. Die dritte Episode begründet ihr Dasein wiederum mit ihrer Grundidee: Ein Luftkampf zwischen einem riesigen Predator-Luftschiff und vielen kompakten Kampfflugzeugen wäre zwar theoretisch im Realfilm vorstellbar – es müssten aber Unsummen ins Effektbudget fließen, damit das zumindest einigermaßen vorzeigbar aussieht. Im Trickfilm dagegen wirkt es wie das Natürlichste der Welt und bereichert das „Predator“-Franchise mit einer frischen, wuseligen Komponente, auch wenn es der Sequenz etwas an Brenzligkeit mangelt: Die Physik der ratternden, knatternden Maschinen kommt bei dem federnden Animationsstil nicht voll rüber, was den Reiz des Settings etwas schmälert – wenngleich die Flugkampfchoreografien durchaus clever sind.
Gemeinhin überzeugt die Animation aber: Das verantwortliche Trickstudio The Third Floor, das auch schon an zahlreichen Blockbustern trickste, setzt hier auf einen stimmig reduzierten Stil: Die Bewegungen sind nicht so flüssig wie in den meisten Animationserfolgen von Pixar, Disney oder der „Minions“-Schmiede Illumination. Allerdings unterstützt dieser Stil die markigen Kampfposen, in die sich im Laufe dieser Kapitel Gut und Böse immer wieder schmeißen – und gestattet so einen genauen Blick auf groteske Gore-Einlagen im groben Pinselstil.
Es benötigt vielleicht einen Moment der Eingewöhnung, doch nach wenigen Filmminuten beweist sich dieser Look als Stil, der zum Franchise passt wie die Krallenfaust aufs Auge. Bleibt zu hoffen, dass dieser Episodenfilm kein einmaliger Ausflug ins Metier des animierten Langfilms bleibt…
Fazit: Ob „Predator: Killer Of Killers“ einen Blick in die filmische Zukunft des blutigen Sci-Fi-Franchises darstellt, hat nicht zuletzt das Disney+-Publikum in der Hand. Erfreulich wäre es aber, denn trotz vereinzelter Dialogpassagen zum Davonlaufen ist dieser animierte Episodenfilm eine blutig-stylische, abwechslungsreiche Actionsause, die definitiv Lust auf mehr macht!