Das ungleiche Duo aus „The Suicide Squad“ ist wieder vereint!
Von Lutz GranertVielschichtige Charakterschauspielerin oder kompromisslose Actionheldin? Viola Davis kann beides! So erhielt sie nicht nur für das Drama „Fences“ einen Oscar, sondern heuerte auch als toughe Regierungsbeamtin in „The Suicide Squad“ (2021) eine bunt zusammengewürfelte Schurkenbande an, zu der auch Idris Elba als mürrischer Bloodsport und John Cena als einfältiger Peacemaker zählten. Scheinbar stimmte zwischen beiden auf Anhieb die Chemie, sodass auf Initiative von „The Suicide Squad“-Produzent Peter Safran ein weiteres gemeinsames Projekt für das Duo gesucht und gefunden wurde.
Das Ergebnis ist die Actionkomödie „Heads Of State“, in der nicht nur ein, sondern gleich zwei Regierungschefs Seite an Seite gegen böse Buben kämpfen. Das klingt erst einmal wenig originell – und tatsächlich wirkt der Plot aus vielen Vorbildern reichlich zusammengeschustert. Doch auch wenn – als zweiter Schwachpunkt – Idris Elba und Ex-Wrestler John Cena nie ganz die Vielschichtigkeit von Viola Davis als wehrhafte US-Präsidentin im erst vor zwei Monaten ebenfalls auf Amazon Prime Video veröffentlichten Actionthriller „G20“ erreichen: Der launige Buddy-Movie bietet viele treffsichere Gags – und eine der bislang packendsten Autoverfolgungsjagden des Filmjahres 2025!
In Spanien versuchen der britische und der US-Geheimdienst gemeinsam, den lange gesuchten Waffenhändler Viktor Gradov (Paddy Considine) in eine Falle zu locken. Doch die Mission endet mit mehreren toten Agent*innen in einem Desaster. Eine gemeinsame Pressekonferenz des britischen Premierministers Sam Clarke (Idris Elba) und des frisch gewählten US-Präsidenten Will Derringer (John Cena) gerät wegen fehlender Absprachen zum Eklat. Um pünktlich zum bevorstehenden NATO-Gipfel in Triest die Wogen zu glätten und Geschlossenheit zu demonstrieren, treten beide Regierungschefs gemeinsam einen Flug in der Air Force One zu einem Staatsbesuch in Polen an. Auf dem Weg dorthin wird die Maschine jedoch von Gradov und seinen Schergen abgeschossen. Clarke und Derringer können sich mit Mühe und Not über belarussischem Staatsgebiet per Fallschirm retten. Doch schaffen sie es noch rechtzeitig bis zum wichtigen NATO-Gipfel, der inmitten eines fatalen politischen Klimas die weltweite Sicherheitsarchitektur gefährden könnte?
Auch wenn der Plot von „Heads Of State“ zeitweise wie eine Mixtur aus Versatzstücken von „Air Force One“ (1997), „White House Down“ (2013) und – gerade was die zahlreichen Schauplätzwechsel angeht – einem James-Bond-Filmabenteuer anmutet: Der junge russische Filmemacher Ilya Naishuller empfiehlt sich nach seinem First-Person-Experiment „Hardcore“ und dem düster-brachialen „Nobody“ erneut als hervorragender Action-Regisseur! Schon das genüssliche Zerlegen eines verwinkelten und mit Geheimtüren gesäumten CIA-Verstecks in Warschau hebt sich durch lange Einstellungen ohne Gewackel positiv vom Genredurchschnitt ab. Wenn später ein Helikopter einen verspiegelten Tresor aus einem Industriegebäude reißt, fühlt man sich wiederum unweigerlich an die Over-the-Top-Verfolgungsjagd aus „Fast & Furious 5“ erinnert, in der ein Tresor von getunten Boliden über die Straße geschleift wird.
Das wirkliche Actionbonbon lauert jedoch in der letzten halben Stunde: Eine mit reichlich Pyrotechnik und Baller-Action gesäumte Verfolgungsjagd durch die historische Innenstadt von Triest macht nicht nur wegen der rockigen Musikuntermalung richtig Laune. Von Geprügel in der Fahrgastzelle bis hin zu waghalsigen Umstiegen und Gimmicks in der „The Beast“ genannten Limousine des US-Präsidenten (Blutkonserven und Rauchschwaden dienen zur Ablenkung!) zieht Naishuller in der aufwändig inszenierten Szene nochmal alle Action-Register. Manchmal schießt er mit seiner Tendenz zum Wahnwitz aber auch übers Ziel hinaus: Zwei kurze Montagen um das Schicksal zweier Figuren sind zwar optisch erfrischend, zünden aber ebenso wenig wie der arg beliebige (und unpassende) Einsatz von Bonnie Tylers Hit „Total Eclipse Of The Heart“ zu einem kurzen Bromance-Moment beim Aufspringen auf einen Zug.
Apropos: Die eingangs bereits angesprochene Chemie zwischen Idris Elba und John Cena stimmt – auch deshalb, weil die Rollen ähnlich verteilt sind wie in „The Suicide Squad“. Zwischen dem zurückhaltend-taktierenden britischen Premier und seinem extrovertiert-dümmlichen Pendant, das nach Jahren im Showgeschäft und actionreichen Kino-Hits mit zweifelhaften Titeln wie „Water Cobra“ ins Präsidenten-Amt gewählt wurde, liegen Welten – und eine Vielzahl an Kabbeleien, die um „echte“ Fitness, einen Affront rund um eine Portion Fish and Chips und Schafzitzen im Gesicht kreisen. Feingeistig oder kultiviert ist der Humor in „Heads Of State“ wahrlich nicht, aber dafür legt das Actionfeuerwerk ein so hohes Tempo vor, dass auch rund um eine arg allmächtige Überwachungssoftware und deren lausige Absicherung kaum Zeit zum Nachdenken bleibt.
Fazit: Ein Buddy-Movie mit zwei Regierungschefs – warum denn nicht? Auch wenn die Story dünn ist: Viele handwerklich saubere Actionszenen und einige amüsante Sticheleien sorgen für kurzweilige Unterhaltung.