In dieser Videospielverfilmung wird jede Nacht ein Höllentrip: "Until Dawn"-Regisseur David F. Sandberg im FILMSTARTS-Interview
Stefan Geisler
Stefan Geisler
-Redakteur
Stefan liebt Film. Er vermisst die wöchentlichen Besuche in der Videothek, denn das ziellose Umherirren in den Gängen hat ihm Seherfahrungen wie "Donnie Darko" oder "Fear and Loathing in Las Vegas" beschert.

Am 24. April 2024 kommt mit „Until Dawn“ eine neue Videospielverfilmung in die Kinos. FILMSTARTS-Redakteur Stefan Geisler hatte die Möglichkeit mit Regisseur David F. Sandberg über die Herausforderungen der Leinwand-Adaption zu sprechen.

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Allein du hast es in der Hand, ob deine Figuren die Nacht überleben – oder doch ins Gras beißen. „Until Dawn“ auf der PlayStation 4 hat Horrorfilme auf der Konsole lebendig werden lassen. Der Überraschungserfolg überzeugte seinerzeit durch eine unheimliche Atmosphäre und eine spannende Mechanik, die es den Spieler*innen ermöglichte, die Handlung der interaktiven Geschichte durch eigene Entscheidungen (teilweise sogar unbewusst) mitzubestimmen.

Am 24. April 2024 startet „Until Dawn“ auch auf der Kinoleinwand – doch gerade eine solch komplexe Spielmechanik kann nur schwer auf die Leinwand übertragen werden. FILMSTARTS-Redakteur Stefan Geisler hatte die Möglichkeit, mit Regisseur David F. Sandberg („Shazam!“) über die Schwierigkeiten in der Umsetzung, die Liebe zu praktischen Effekten und seine größte Angst zu sprechen. Doch zuerst wollten wir wissen, ob der Filmemacher überhaupt selbst mal den Controller in die Hand genommen hat – und wie viele seiner Figuren es lebend bis ans Ende geschafft haben.

David F. Sandberg (links) im Gespräch mit FILMSTARTS-Redakteur Stefan Geisler Sony
David F. Sandberg (links) im Gespräch mit FILMSTARTS-Redakteur Stefan Geisler

FILMSTARTS: Hast du jemals „Until Dawn“ gespielt? Und wenn ja, wie viele deiner Charaktere haben überlebt?

David F. Sandberg: Ja, habe ich. Aber es haben nie alle überlebt. Das wäre die langweiligste Art es zu spielen, denn eigentlich will man doch gerade die Tode sehen, oder? Ich kann dir aber beim besten Willen nicht mehr sagen, wie viele Figuren genau überlebt haben.

FILMSTARTS: Es ist fast unmöglich, das Konzept der „Until Dawn“-Spiele auf einen Film zu übertragen. Man müsste dem Publikum die Kontrolle über die Handlung gestatten. Wie habt ihr den neuen Ansatz gefunden?

David F Sandberg: Das waren Gary [Dauberman] und Blair [Butler], die das Drehbuch geschrieben haben, und das hat mir wirklich gut gefallen. Sie haben einen Weg gefunden, die Mechanik des Spiels einzufangen. Wenn man „Until Dawn“ spielt, kann man verschiedene Entscheidungen treffen, verschiedene Ergebnisse erzielen und dementsprechend auch andere Tode sehen. Die Mechanik, die Nacht neu zu beginnen, ermöglicht es den Figuren, immer neue Dinge zu probieren und so bekommen sie es mit verschiedenen Monstern und Killern zu tun.

Der Horror beginnt jede Nacht erneut! 2025 CTMG
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FILMSTARTS: Hattet ihr eigentlich jemals die Idee, eine interaktive Version des Films zu erstellen? Die hätte dann natürlich auf einem Streaming-Service veröffentlicht werden müssen...

David F Sandberg: Nein, zumindest nicht, solange ich involviert bin. Das war nie ein Thema. Ich würde das auch nicht machen wollen. Ich will eine finale Version haben. Deshalb stören mich Filme wie „Blade Runner“, bei dem es fünf verschiedene Schnittfassungen gibt. Bevor man den Film überhaupt schaut, muss man sich fragen, welche Fassung die richtige ist. Nein, ich möchte eine Version, um wirklich das Gefühl zu haben, dass es die finale Geschichte ist.

FILMSTARTS: Warum habt ihr euch entschieden, nicht auf die ursprüngliche Geschichte zurückzugreifen, sondern einen komplett neuen Ansatz zu wählen.

David F Sandberg: Ich denke, das war das Klügste, was die Autoren machen konnten. Das Spiel selbst ist bereits so filmisch. Es ist wie ein interaktiver Film und er ist 10 Stunden lang. Es wäre einfach nicht dasselbe gewesen, wenn man versucht hätte, das in 120 Minuten zu komprimieren und die Interaktivität herauszunehmen. Zudem hätten wir alle Rollen neu besetzen müssen, weil die Schauspieler und Schauspielerinnen nun viel älter sind.

Unser Projekt soll eher eine Erweiterung des „Until Dawn“-Universums sein, anstatt zu versuchen, das zu tun, was die Leute schon gesehen haben. Wir haben sogar kurz überlegt, ob wir einen Untertitel geben sollten, um den Fans des Spiels zu zeigen, dass dies eine Art Weiterführung ist. Aber es gab Bedenken, dass Leute, die das Game nicht kennen, denken könnten, dass es eine Fortsetzung zu einem Film ist, den sie noch nicht gesehen haben, und deshalb sind wir bei „Until Dawn“ geblieben.

Der Vorteil von praktischen Effekten

FILMSTARTS: Du bist ein Liebhaber von praktischen Effekten und hast auch in „Until Dawn“ wieder vieles praktisch gelöst. Auf welche Szene oder welchen Effekt bist du besonders stolz?

David F. Sandberg: Auf die Szene im Badezimmer. Da geht es sehr blutig zu. Die ist so fantastisch und technisch gesehen irgendwo doch so einfach. Ich war sehr zufrieden damit, wie die Szene jetzt geworden ist, weil ich es mir genau so vorgestellt habe. Und das passiert tatsächlich sehr selten. Normalerweise muss man viele Kompromisse eingehen.

FILMSTARTS: Aus der Sicht eines Filmemachers, was sind die Vorteile von praktischen Effekten?

David F. Sandberg: Nun, erst mal gibt es eine Menge Nachteile, weil es lange dauert und man teilweise nur eine Chance für die Aufnahme bekommt. Aber es ist eine Herausforderung und ich habe Spaß daran. Es ist fast so, als würde man sich einen Zaubertrick ausdenken. Und ich mag es, etwas zu haben, bei dem man sofort weiß, wie es geworden ist. Bei einem Film wie „Shazam!“ gibt es Aufnahmen und Szenen, von denen man erst 6 Monate später weiß, wie sie aussehen. Das ist irgendwie unbefriedigend.

Wie eine Fahrt in einer Geisterbahn: 2025 CTMG
Wie eine Fahrt in einer Geisterbahn: "Until Dawn"

FILMSTARTS: „Until Dawn“ hat mich ein bisschen an eine Fahrt in einer Geisterbahn erinnert. Der Film springt wild zwischen Slasher-Horror, Spukhaus, Zombie-Schocker und Grindhouse-Elementen hin und her. War das eure Absicht?

David F. Sandberg: Ja, das wollten wir. Einige haben es eher mit einer Art Halloween-Horror-Nacht verglichen, die es beispielsweise im Universal-Park gibt. Da kann man von Gruselort zu Gruselort gehen und sich erschrecken lassen und ja, das ist so ziemlich die Stimmung, die ich kreieren wollte.

FILMSTARTS: Hattest du eigentlich die Möglichkeit, deine größte Angst in den Film einzubauen?

David F. Sandberg: Nicht absichtlich, aber ich bin irgendwie klaustrophobisch. Ich mag enge Räume nicht. Und als wir in diesen Tunneln unter Budapest gedreht haben, da gibt es einen Moment, in dem Abe dort unten feststeckt. Der Ort, an dem die Felsen herunterfallen, war der einzige Ausgang. Also haben wir uns da sozusagen selbst eingesperrt – das war ziemlich gruselig.

FILMSTARTS: Gibt es noch andere Horrorspiele, die du gerne verfilmen würdest?

David F. Sandberg: Ich spiele nicht viel, aber „Outlast“ mag ich sehr, weil man sich dort nicht wehren, sondern sich nur verstecken kann. Und ich mag die „Resident Evil“-Teile. Auch Sci-Fi-Horror hat es mir angetan. Ich habe die „Dead Space“-Reihe noch nicht gespielt, aber die Leute sagen mir immer, dass das genau das Richtige für mich ist. Also werde ich die irgendwann noch zocken müssen [lacht].

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