Paul Newman vereinte Charisma, Tiefgang und eine lässige Coolness wie kaum ein anderer Star seiner Generation. Mit seinen markanten eisblauen Augen und seinem reduzierten, gleichzeitig intensiven Spiel wurde er zu einer Ikone des amerikanischen Kinos. Ob als Trickbetrüger, Draufgänger oder tragische Figur – Newman strahlte stets Glaubwürdigkeit aus.
Der im Jahr 2008 verstorbene Schauspieler war aber nicht nur für sein Können und seine Präsenz bekannt, sondern auch für seine Offenheit. Er sprach unbequeme Wahrheiten aus – selbst über einen der erfolgreichsten Filme seiner Karriere.
In mehr als fünf Jahrzehnten vor der Kamera drehte Newman zahlreiche Klassiker – darunter „Zwei Banditen“ (1969) und „Der Clou“ (1973), die längst zum festen Bestand der Filmgeschichte zählen. Doch ausgerechnet dem Katastrophenfilm „Flammendes Inferno“ von 1974 konnte er wenig abgewinnen – und äußerte sich dazu mit entwaffnender Ehrlichkeit.
Flammendes Inferno"Flammendes Inferno" war ein Mega-Hit - und laut Paul Newman "Schund"
1975 sprach Newman im Interview mit The Atlantic über den Hollywood-Megahit, in dem er an der Seite von Steve McQueen („Bullitt“) zu sehen war – eine Zusammenarbeit, die hinter den Kulissen nicht reibungslos verlief. Beide Stars lieferten sich ein fast schon legendäres Kräftemessen um Screentime, Bildgröße und Nennung im Abspann. Doch für Newman war das Projekt ohnehin nie eine Herzensangelegenheit.
Auf die Frage, ob „Flammendes Inferno“ nicht unter seinem Niveau liege, antwortete er ganz offen: „Es gibt eine Art von Eskapismus-Film, die derzeit sehr angesagt ist. ‚Flammendes Inferno‘ ist das perfekte Beispiel dafür. Ich wusste, je schneller ich von der Leinwand verschwinde und der Stuntman übernimmt, desto eher kommt der Film in Fahrt. Ich wusste, dass er erreichen würde, was er erreichen will – nämlich, die Leute zu erschrecken. Er behandelt Höhe – etwas sehr Beängstigendes – und Feuer. Diese Kombination für einen Gefahrenfilm ist einfach unwiderstehlich.“
Und als man ihn direkt fragte, ob es sich bei dem Film um „Schund“ handle, reagierte er mit trockenem Understatement: „Wahrscheinlich ist er das. Aber es ist ein sehr hochwertiges Stück Schund.“
Newmans kritische Haltung schadete dem Film keineswegs. Auch die Spannungen mit Co-Star McQueen blieben ohne negativen Einfluss. Das spektakuläre Drama über ein brennendes Hochhaus, in dem Gäste einer Eröffnungsfeier in den oberen Etagen eingeschlossen sind, wurde zu einem der größten Kinoerfolge der 1970er Jahre.
Weltweit spielte „Flammendes Inferno“ rund 203 Millionen US-Dollar ein – inflationsbereinigt etwa 1,39 Milliarden. Zum Vergleich: Damit bewegt sich der Film heute in einer Liga mit neueren Blockbustern wie „Barbie“ oder „Deadpool & Wolverine“.
Auch bei den Auszeichnungen räumte das Katastrophenepos ab: Drei Oscars (unter anderem für die Beste Kamera und den Schnitt) sowie fünf weitere Nominierungen, darunter als „Bester Film“ und für Fred Astaire ( „Vorhang auf!“) als „Bester Nebendarsteller“. Bei den Golden Globes gewann Astaire ebenfalls, ebenso wie Susan Flannery („Reich und schön“) als „Beste Nachwuchsdarstellerin“.
In Deutschland wurde der Film 1978 mit der Goldenen Leinwand für über drei Millionen Zuschauer ausgezeichnet. Ein Mega-Hit also – und das trotz, oder vielleicht gerade wegen, eines Hauptdarstellers, der mit klarem Blick erkannte, worum es in diesem Projekt ging: Unterhaltung, groß inszeniert. Und genau deshalb lieferte er – ganz Profi – dennoch ab. Übrigens: Einen weiteren Film, den Paul Newman nur des Geldes wegen drehte, kennen heute nur noch wenige. Mehr dazu im nächsten FILMSTARTS-Artikel.
"Schauspieler müssen arbeiten": Diesen Kriegsfilm hat Hollywood-Legende Paul Newman nur fürs Geld gemacht*Bei dem Link zum Angebot von Amazon handelt es sich um einen sogenannten Affiliate-Link. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision.