Ende der 1950er-Jahre sorgte „So weit die Füße tragen“ in Deutschland für leere Straßen. Die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Josef Martin Bauer war der erste ernsthafte Versuch, das Schicksal unzähliger Kriegsgefangener nachvollziehbar und bisweilen mit dokumentarischen Mitteln aufzubereiten. In der jungen Bundesrepublik entwickelte sich das Werk so über Wochen hinweg zum viel diskutierten Gesprächsthema.
Eine ähnliche Wucht konnte die Neuadaption von 2001 nicht entfalten – allein schon, weil der zeitliche Abstand die unmittelbare Brisanz genommen hatte. Dennoch hat Regisseur Hardy Martins („Manta - Der Film“) hier zweifellos einen sehenswerten Film geschaffen, der ziemlich eindrucksvoll beweist, dass auch das deutsche Kino bildgewaltiges Abenteuerkino von internationalem Format liefern kann.
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Das ist "So weit die Füße tragen"
Oberleutnant Clemens Forell (Bernhard Bettermann) ist überzeugt, Weihnachten wieder bei seiner Familie verbringen zu können, als er an die Ostfront abkommandiert wird. Doch es kommt anders: Als Kriegsgefangener wird er zu 25 Jahren Zwangsarbeit im sibirischen Niemandsland verurteilt.
Sein Versprechen, bald zurückzukehren, kann er zwar nicht halten – doch Forell ist fest entschlossen, alles zu riskieren, um sich den Weg in die Heimat zu erkämpfen. Als ihm die Flucht schließlich gelingt, beginnt eine beschwerliche Odyssee: ein Kampf ums Überleben durch die unendliche Weite Russlands, bis nach Persien – immer weiter, so weit ihn die Füße tragen...
Die Bilder sind die halbe Miete
Von „So weit die Füße tragen“ sollte man keine minutiöse Rekonstruktion des Alltags sowjetischer Kriegsgefangenenlager erwarten. Hardy Martins zielt weniger auf eine detailgetreue Geschichtsdarstellung als vielmehr auf ein großes, packendes Abenteuerkino, das seinen historischen Rahmen zwar mit dem gebotenen Ernst behandelt, sich jedoch nicht in akribischen Einzelheiten verliert.
Gerade die Entscheidung, weite Teile des Films an Originalschauplätzen in Russland zu drehen, verleiht der Inszenierung eine Wucht und Authentizität, die man sofort spürt: Die Reise von Clemens ist nicht nur ein körperlicher Kraftakt, sondern auch eine psychische Zerreißprobe – ein Zustand, der sich in den endlosen Schneelandschaften, mächtigen Gebirgsketten und weiten Wald- und Forstgebieten spiegelt.
Dass Forell im Film vom sowjetischen Offizier Kamenev verfolgt wird, ist eine Abweichung sowohl von der Buchvorlage als auch von der Verfilmung der 1950er-Jahre. Dramaturgisch mag dies die Spannung zusätzlich steigern, notwendig wäre dieses Jagdmotiv jedoch nicht gewesen. Denn der eigentliche Überlebenskampf des deutschen Soldaten, der einzig und allein zurück zu seiner Familie will und dafür mehr als 14.000 Kilometer zurücklegen muss, ist schon für sich genommen intensiv, ergreifend und fesselnd genug, um das Publikum bis zuletzt in Atem zu halten.
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