"Brautalarm 2" als launiger Italo-Krimi
Von Lutz GranertIn einem Interview mit dem Branchenmagazin Deadline verriet Paul Feig kürzlich eine seiner „goldenen Regeln“ fürs Filmemachen: Fortsetzungen seien für ihn eigentlich Tabu, weil er sich – wie das von unnötigen Nachschlägen gesättigte Publikum – fast immer die Frage stellt, ob man das wirklich noch schauen muss. Und tatsächlich: Obwohl in den vergangenen Jahren immer mal wieder Spekulationen hochgekocht sind, liegen die Pläne für eine Fortsetzung seines Komödien-Superhits „Brautalarm“ wohl auch wegen dieser persönlichen Vorbehalte immer noch auf Eis. Umso mehr überrascht, dass der „Ghostbusters“-Regisseur nun stattdessen eine Fortsetzung zu seinem biestig-fiesen Twist-Thriller „Nur ein kleiner Gefallen“ gedreht hat.
Für das folgerichtig „Nur noch ein kleiner Gefallen“ betitelte und diesmal direkt für den Streaming-Service Amazon Prime Video entstandene Sequel ist der größte Teil der illustren Besetzung um Blake Lively („Nur noch ein einziges Mal“) und Anna Kendrick („The Dating Game Killer“) wieder zusammengekommen. Aber nicht nur der Cast ist dem Publikum vertraut: Abgesehen von einem neuen (Urlaubs-)Schauplatz und einigen biestigen Wortgefechten mit „Brautalarm“-Vibes setzt die bis aufs letzte Drittel etwas bräsig geratene und leidlich spannende Krimi-Komödie einfach noch einmal – und ja, das geht tatsächlich! – auf eine ähnliche Wendung wie der Erstling.
Nachdem Emily Nelson alias Hope McLanden (Blake Lively) wegen Mordes an ihrer Zwillingsschwester Faith eine langjährige Haftstrafe verbüßt hat, ist sie inzwischen wieder auf freiem Fuß. So besucht sie auch eine Lesung ihrer inzwischen als True-Crime-Autorin mäßig erfolgreichen Freundin Stephanie Smothers (Anna Kendrick), die einst entscheidend zu ihrer Verhaftung beigetragen hat – und bittet sie darum, als Brautzeugin bei ihrer Hochzeit mit Mafioso Dante Versano (Michele Morrone) auf Capri mit dabei zu sein.
Weil ihre flippige Assistentin Vicky (Alex Newell) gute Chancen sieht, den Trip publikumswirksam auf ihrem VLog auszuschlachten und die Buchverkäufe anzukurbeln, sagt die misstrauische Stephanie widerwillig zu. Auf der Insel trifft die Autorin unter der Hochzeitsgesellschaft auch Emilys sarkastischen Ex-Mann Sean (Henry Golding) wieder, mit dem sie eine Affäre hatte. Kurze Zeit später werden Sean und Dante ermordet – und die ahnungslose Stephanie wird durch einige unglückliche Verkettungen zur Hauptverdächtigen. Verfolgt Emily womöglich einen heimtückischen Racheplan?
„Nur noch ein kleiner Gefallen“ wurde im Frühling 2024 tatsächlich an Originalschauplätzen in Italien gedreht – und Paul Feig schlachtet die sonnendurchfluteten Kulissen von Capri und der Hadriansvilla in der Nähe von Rom für allerlei Urlaubsstimmung verbreitende Postkartenansichten genüsslich aus. Gerade in der ersten Filmhälfte wähnt sich das Publikum dabei phasenweise in einem „Brautalarm“-Spin-off: „Nur ein kleiner Gefallen“-Autorin Jessica Sharzer und die neu hinzugekommene Laeta Kalogridis (Twist-erprobt dank „Shutter Island“) bieten in ihrem Drehbuch gleich mehrere keifende Frauenfiguren sowie derbe Sprüche um männliche Impotenz und geweitete weibliche Geschlechtsteile. Bei dem ganzen sarkastisch-gewürzten Herumgezicke ist Sean längst nicht der Einzige, der sich die verlogene Feier erträglich säuft.
Ganz subtil schleichen sich immer wieder morbide Andeutungen in die besonders in der ersten Hälfte nur leidlich unterhaltsame, aber dafür zumindest recht luftig dahinplätschernde Fortsetzung. So erwähnt Emily an einem steil abfallenden Felsen der Villa Jovis gegenüber Stephanie mit einem doppeldeutigen Augenzwinkern, dass hier schon der Kaiser Tiberius unliebsame Gesprächspartner hinunterzustürzen pflegte. Zur Trauung erklingt zudem ein Stück aus Ennio Morricones „Spiel mir das Lied vom Tod“-Soundtrack – und auch eine Anspielung auf den Mafiafilm-Klassiker „Der Pate“ fehlt als (mögliche) Fährte zur Mordaufklärung nicht.
Die Ermittlungen genießen im etwas wässrig geratenen Skript aber erst einmal keine Priorität, auch weil die allesamt geheimnisumwitterten Charaktere erst mal vor allem mit sich selbst beschäftigt sind. Die dann tatsächlich überraschenden, zugleich aber auch übermäßig konstruierten Wendungen, welche die Motive des ersten Teils rund um Fotoverbote, schräge Beziehungsverhältnisse und inzestuöse Liebeleien konsequent weiterspinnen, werden hingegen bis ins letzte Filmdrittel aufgespart. Stattdessen treten bei der gediegenen Mördersuche vor allem erneut die Stärken des weiblichen Führungsduos ins Zentrum:
Die erfreulich vielgestaltige Blake Lively spielt nicht nur komplett undurchsichtig und divenhaft stolz, sondern irgendwann regelrecht verstrahlt-psychotisch auf. Anna Kendrick gibt hingegen einmal mehr die listige, ebenso schnell schnatternde wie kombinierende Hobby-Kriminologin. Ihr gelingt dann auch schon mal – trotz Hausarrest –in einem Servierwagen der vom FBI günstig angeworbenen Dame des Housekeeping die Flucht an der italienischen Polizei vorbei. Letztlich ist „Nur noch ein kleiner Gefallen“ trotzdem keine notwendige und in Sachen Laufzeit auch unnötig aufgeblähte Fortsetzung – und so ist nicht ganz klar, warum Paul Feig nun ausgerechnet dafür seine goldene Regel aufgeweicht hat. Stattdessen eröffnet ein bedeutungsschwangerer Epilog am Trevi-Brunnen in Rom sogar direkt noch die Tür zu einem weiteren Sequel...
Fazit: Vor allem die Spielfreude der beiden Hauptdarstellerinnen, einige scharf gewürzte Wortgefechte und die hübschen Originalschauplätze verleihen „Nur noch ein kleiner Gefallen“ einen soliden Unterhaltungswert. Darüber hinaus ist die Krimi-Komödie vor italienischer Urlaubskulisse allerdings etwas arg fluffig und konstruiert geraten.