Guns Up
Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
3,0
solide
Guns Up

Der King of Queens tritt in die Fußstapfen von John Wick!

Von Kamil Moll

„Ist Dad John Wick?“, fragt Henry (Leo Easton Kelly) seine ältere Schwester Siobhán (Keana Marie), als die Geschwister ihrem Vater Ray (Kevin James) in der Küche eines geschlossenen Restaurants dabei zusehen, wie er eine Horde Angreifer mit Feuerwaffe und Bratpfanne durchaus schmerzhaft in ihre Schranken weist. Mutter Alice (Christina Ricci) ist da schon weit weniger erstaunt zu sein, dass ihr Mann doch nicht der beflissene Biedermann ist, der zu Hause auf regelmäßige Abende mit der Familie pocht und seinen Kindern das Fluchen abzugewöhnen versucht. Sein gewalttätiges Doppelleben ist schließlich eine gemeinsam getroffene Entscheidung zwischen den Ehepartnern.

In seinem bis heute bekanntesten Kinofilm „Der Kaufhaus Cop“ spielte Kevin James einen Beinahe-Polizisten, in „Guns Up“ mimt er nun einen Ex-Cop: Aber das durchschnittliche Gehalt eines Gesetzeshüters in New Jersey ist offenbar zu niedrig, um eine Familie mit zwei Kindern finanziell über Wasser halten zu können. So wechselt Ray in einer Rückblende zu Beginn des Films die Fronten und wird vom Streifenpolizisten zum Schuldeneintreiber einer mafiös strukturierten Gangsterbande, die von Michael (Melissa Leo) und ihrem Beistand Ignatius (Luis Guzmán) wie ein Unternehmen mit sozialabgabepflichtigem Selbstanspruch geführt wird: Für ihre Killer und Handlanger bezahlt die Patin sogar noch die Krankenversicherung mit Zusatzleistungen.

Zumindest die Kids wundern sich, als ihr Spießer-Vater Ray (Kevin James) plötzlich einen auf John Wick macht! Splendid Film
Zumindest die Kids wundern sich, als ihr Spießer-Vater Ray (Kevin James) plötzlich einen auf John Wick macht!

Fünf Jahre und viele semikriminelle Aufträge später ist Ray dort angekommen, wo er eigentlich ursprünglich hinwollte: Mit genügend erspartem Geld in der Hinterhand scheint der Weg zurück in die bürgerliche Selbstständigkeit geebnet zu sein. Um sich den Traum vom eigenen, familienbetriebenen Diner erfüllen zu können, möchte er sich von Michaels Gang lösen. Doch diese wird plötzlich gewaltsam von Lonny (Timothy V. Murphy) übernommen, einem wettergegerbten Mobster, der kein Verständnis dafür hat, dass der gefürchtete Geldeintreiber aussteigen möchte. Bei einem eskalierenden Schusswechsel wird Ray in den Tod von Lonnys Neffen (Rob Gough) verwickelt und befindet sich plötzlich mit seiner Familie auf der Abschussliste seiner ehemaligen Brötchengeber*innen.

Zugegeben: Das umständlich herbeikonstruierte Action-Szenario könnte wohl kaum generischer und bekannter sein. Weder das Erzeugen einer angemessenen Genre-Atmosphäre noch eine halbwegs schlüssige Figurenzeichnung scheinen zu den handwerklichen Stärken des Filmemachers Edward Drake zu gehören. Eher berüchtigt als berühmt ist der Regisseur bislang dadurch geworden, dass er zwischen 2021 und 2023 gleich sieben niedrigbudgetierte Filme mit Bruce Willis (darunter „Apex“ und „Cosmic Sin“) drehte, bevor dessen langjährige Erkrankung an Aphasie und frontotemporaler Demenz bekannt wurde. Zum Glück besinnt sich „Guns Up“ nach diesem mühseligen Auftakt schnell wieder auf die komödiantischen Stärken seines Hauptdarstellers und wechselt dafür so rasch wie durchaus überzeugend den Tonfall.

Keine Risiko-Rolle wie in "Becky"

Den meisten Filmen von Kevin James ist seit dem Ende seiner wundervollen Working-Class-Sitcom „The King Of Queens“ die Mühe anzusehen, sich einerseits nicht zu sehr von der gewohnten Rolle des entspannt-gewitzten Jedermanns zu lösen, zum anderen dem Schauspieler aber auch die Möglichkeit zu geben, diese Figur etwas anders zu akzentuieren, sei es durch einen ausgeprägteren Hang zu körperlicher Action-Komik („Das Schwergewicht“) oder einem eher melancholischeren Comedy-Vibe („Home Team“).

Anders als zuletzt bei dem ruppigen Splatter-Thriller „Becky“, in dem James der arg übers Knie gebrochene Imagewechsel zum Neonazi-Häftling kaum gelingen mochte, macht „Guns Up“ aber schnell klar, dass er trotz eines expliziteren Hangs zu blutigen Shootouts (die eine FSK-16-Freigabe allemal rechtfertigen) keine grimmige Neuerfindung des Schauspielers leisten möchte. Als eine so routiniert abgespulte wie selbstironisch unterfütterte Komödie funktioniert der Film nämlich in der zweiten Hälfte gar nicht mal so schlecht.

Spätesten im Finale stiehlt Christina Ricci ihrem Film-Ehemann Kevin James die Show! Splendid Film
Spätesten im Finale stiehlt Christina Ricci ihrem Film-Ehemann Kevin James die Show!

Zu verdanken ist dies in erster Linie der mühelosen Schauspielchemie mit einer in der letzten halben Stunde derart wundersam lustvoll aufdrehenden Christina Ricci („Die Addams Family“), dass man sich fragt, warum die Schauspielerin nicht schon längst eine der Hauptstützen des Hollywood-Komödienkinos ist. Dem in diesem Bereich weitaus erprobteren Kevin James stiehlt sie am Ende zumindest schon mal die Show: „Ich glaube, Dad ist eher mit John Wick verheiratet“, müssen die Filmkinder der beiden resümieren, als schließlich auch sie zur Waffe greift. Trotz aller offensichtlichen Schwächen ist „Guns Up“ so allemal ein ungemein kurzweiliges Vergnügen.

Fazit: „Guns Up“ stolpert zunächst durch generische Thriller-Standards, findet aber spätestens in der zweiten Hälfte als selbstironische Action-Komödie mit Kevin James und einer wunderbar aufspielenden Christina Ricci zu überraschend viel Charme. Sicher kein großer Wurf, aber allemal kurzweilig.

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