Die Gangster Gang 2
Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
4,0
stark
Die Gangster Gang 2

Die Animations-Antwort auf „Ocean’s Eleven“

Von Kamil Moll

Wie traditionell in den Filmen der James-Bond-Reihe beginnt der Animationsfilm „Die Gangster Gang 2“ von Pierre Perifel mit einem sogenannten „cold open“ – einer Szene also, die unmittelbar ins Geschehen einsteigt: In Kairo dringen Mr. Wolf (Stimme im Original: Sam Rockwell) und seine Gang von Gangstertieren in die Villa eines ägyptischen Geschäftsmanns ein, entwenden einen Sportwagen und brausen damit über den verzweigten Marktplatz der Stadt davon, eine Polizeikohorte im Nacken.

Die Verfolgungsjagd geht weiter über die Dächer der Stadt, bis die Bande schließlich eine Polizeiblockade aus Motorrädern umkurvt, indem sie das Auto auf Holzplanken über einen Fluss lenkt und dort – von der technikversierten Gangster-Auszubildenden Tarantula (Awkwafina) gelenkt – mit einem magnetischen Kran wieder trocken ans andere Ufer geleitet wird. Für den Wagen hat Mr. Wolf aber eigentlich keine Verwendung, die Aktion ist für ihn lediglich eine Fingerübung: „Bei Raub geht es nie nur um die Beute. Es ist eine Machtdemonstration.“

Mr. Wolf & Co. müssen sich selbst vor der „Ocean’s Eleven“-Crew von George Clooney, Brad Pitt & Co. keinesfalls verstecken.  Universal Pictures
Mr. Wolf & Co. müssen sich selbst vor der „Ocean’s Eleven“-Crew von George Clooney, Brad Pitt & Co. keinesfalls verstecken.

Stunts und Actionszenen, für die es in Spielfilmen einen immensen Aufwand braucht, lassen sich mit den Mitteln der Animation unmittelbarer umsetzen: Davon profitierte bereits die erste Verfilmung der Graphic-Novel-Reihe „Böse Jungs“, in der Perifel eine Bande von einbruchswilligen, anthropomorphen Tieren durch aufwendige Set-Pieces manövrierte, die sich in Bezug auf Eleganz und leichten, schnellen Witz nicht vor Steven Soderberghs „Ocean’s“-Filmen zu verstecken brauchten. Der Film war eine anspielungsreiche Hommage an zahlreiche Heist-Filme, die er auch visuell in Schnitt und Kameraführung, mit eingefrorenen Standbildern und Zeitlupe offen zitierte.

Am Ende des Films war die Gangster-Gang gezwungen, notgedrungen gute Miene zu bösem Spiel zu machen und wurde gesetzestreu. Dort setzt „Die Gangster Gang 2“ nach der Eröffnungssequenz, die nur einen launigen Rückblick auf bessere, glorreich kriminelle Zeiten darstellte, unmittelbar wieder an. In einer stotternden Knattermühle fährt Mr. Wolf zu einem Bewerbungsgespräch, das mal wieder erfolglos verläuft: Wie soll man auch einer Bank erklären, dass man einen geeigneten Mitarbeiter abgeben könnte, wenn man die entsprechende Filiale noch vor Kurzem selbst ausrauben wollte?

Erst Wrestling, dann Weltraum

Auch seinen ehemaligen Spießgesellen Mr. Shark (Craig Robinson) und Mr. Piranha (Anthony Ramos) geht es da kaum besser. Nur der seltsame tiefenentspannte Mr. Snake (Marc Maron) scheint es gelassener zu nehmen: Anstatt sich um einen respektablen Broterwerb zu bemühen, verbringt er seine Tage beim Yoga und Töpfern, schlürft Kombucha und hört Sabrina Carpenter. Er hat die gewitzte Elster Susan (Natasha Lyonne) kennengelernt und frönt gemeinsam mit ihr lieber dem Müßiggang, als sich bei seinen ehemaligen Arbeitskollegen blicken zu lassen – zumindest bis eine Einbruchsserie sie plötzlich doch alle wieder zusammenschweißt.

Nach dem schillernden Vorbild der Gangster-Gang werden bei zahlreichen, schnell absolvierten Raubzügen Gegenstände entwendet, die alle eines gemeinsam zu scheinen haben: Sie enthalten MacGuffinit, ein Material, das einen magnetisch-atomaren Gegenpol zu Gold bildet und dieses automatisch anzieht. Niemand eignet sich so sehr, Gangster zu fangen, wie Gangster selbst, mögen sie auch noch so rechtschaffen geworden sein: Ihre Ermittlungen führen die Tierbande so von einem mexikanischen Wrestling-Event, bei dem sie als kämpfende Hühnchen verkleidet um einen mit MacGuffinit umkleideten Trophäengürtel kämpfen müssen, bis hin zu einem elaborierten Showdown im All an Bord einer internationalen Weltraumstation.

Weil eine zweite Gangster-Gang Überfälle begeht und sie ihnen in die Schuhe schiebt, muss auch die originale Gangster-Gang wohl oder übel wieder in Aktion treten. Universal Pictures
Weil eine zweite Gangster-Gang Überfälle begeht und sie ihnen in die Schuhe schiebt, muss auch die originale Gangster-Gang wohl oder übel wieder in Aktion treten.

Von den spektakulär-übermenschlichen Stunts der „Mission: Impossible“-Filme hin zu Weltall-Epen wie „Gravity“ und „Interstellar“ und den Zerstörungsexzessen des Katastrophenkinos kennen die Bezüge des Sequels sprichwörtlich keine Grenzen. Was die stilsichere Inszenierung von Actionsequenzen betrifft, braucht sich der Film dabei vor keinem Realfilm-Franchise der letzten Jahre zu verstecken. Nach „Der wilde Roboter“ und „Die Croods“ festigt die Produktionsfirma DreamWorks mit „Die Gangster Gang 2“ so wieder ihren Ruf, seit einigen Jahren die kreativste und originellste Werkstatt für zeitgenössische amerikanische Animationsfilme zu sein.

Fazit: „Die Gangster Gang 2“ ist ein überaus gelungenes Sequel, das mit unzähligen Anspielungen auf klassische Actionfilme sowie visuell versierten Animationen aufwartet. Pierre Perifel gelingt es, die Tierbande nicht nur in spektakuläre Raubzüge, sondern auch in originelle Settings wie einen Showdown im Weltraum zu schicken – und das alles, ohne den Charme und die Leichtigkeit des Vorgängers zu verlieren. DreamWorks setzt damit einmal mehr Maßstäbe im zeitgenössischen amerikanischen Animationskino.

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