Streaming-Tipp: Einer der größten und wichtigsten deutschen Filme aller Zeiten
Monta Alaine
Monta Alaine
Bereits jung von ihrem Vater an Klassiker wie "Taxi Driver" und "Clockwerk Orange" herangeführt stand fest: Film sollte es sein. Nach diversen Stops in der Branche gilt ihre Liebe auch heute noch Hollywood-Kino à la Nolan und raffinierten Arthouse-Filmen.

Rainer Werner Fassbinders „Die Ehe der Maria Braun“ zählt zu den bedeutendsten Titeln der deutschen Kinogeschichte. FILMSTARTS-Autorin Monta Alaine empfiehlt euch das Drama als unseren heutigen Streaming-Tipp:

Kaum ein anderer Name steht so für deutschen Autorenfilm wie der von Rainer Werner Fassbinder: In nur 15 Jahren brachte er es auf ein stolzes Gesamtwerk von 40 Filmen, in dem er sich in seinem ganz eigenen Stil an deutschen Themen abarbeitete. Fassbinders setzte sich u. a. mit Deutschlands NS-Vergangenheit und dem RAF-Terror auseinander – zeigte aber auch auf, wie sich Macht und gesellschaftliche Strukturen auf Menschen auswirken.

Als "Enfant terrible" hielt er der Gesellschaft einen Spiegel vor und legte gesellschaftliche Widersprüche offen. So auch in „Die Ehe der Maria Braun” von 1979, der neben „Lola” und „Die Sehnsucht der Veronika Voss” ein zentrales Werk seiner BRD-Trilogie darstellt. „Die Ehe der Maria Braun” war damals ein riesiger kommerzieller Erfolg, brachte Fassbinder den Silbernen Bären, eine Golden-Globe-Nominerung und internationales Ansehen.

Bis heute zählt der Film zu den Schlüsselwerken deutscher Filmgeschichte und auch in der offiziellen FILMSTARTS-Kritik gab es mit 5 von 5 Sternen die volle Punktzahl. Ihr könnt Die Ehe der Maria Braun für ein paar wenige Euro als Video-on-Demand streamen. Ohne kosten geht das sogar auf dem Arthaus+-Channel von Amazon Prime Video. Das Probebabo ist für sieben Tage gratis, danach storniert ihr entweder oder zahlt 3,99 Euro im Monat.

Deutschland im Körper einer Frau

Gerade in dem Moment, als Maria (Hannah Schygulla) und Hermann Braun im Begriff sind zu heiraten, wird das Standesamt von einer Fliegerbombe zerstört. Hermann (Klaus Löwitsch) wird wieder an die Front gerufen und so bleibt der frisch Vermählten nichts anderes, als ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen – erst recht, als sie die Nachricht erhält, dass Hermann im Krieg gefallen sei. Sie verdient ihren Lebensunterhalt als Bardame und beginnt eine Liebschaft mit dem afroamerikanischen GI Bill (George Byrd). Doch als Hermann unerwartet wieder auftaucht, endet das Wiedersehen tragisch… und Marias Leben nimmt eine erneute Wendung, in der sie sich mit ihrer Intelligenz und Tüchtigkeit bewähren muss.

Die Ehe der Maria Braun ist eine, die gar keine ist – mehr eine Idee denn Realität. Kaum verheiratet, ist der Mann schon im Krieg, später im Gefängnis, dann in Kanada. Dennoch bringt Maria es zu Wohlstand, indem sie ehrgeizig und pragmatisch handelt. Maria Braun steht als Symbol für das Wirtschaftswunder, für all die Möglichkeiten, ein Leben auf den Trümmern des Krieges aufzubauen.

Maria sichert sich ihre Stellung mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln – vor allem sind dies ihr Aussehen und Charme. Dabei nutzt sie patriarchale Strukturen, passt sich ihnen an - wird damit bis zu einem gewissen Grad unabhängig, aber niemals frei. Denn immer ist von „Verträgen” die Rede, von „Effizienz” – ihre Weiblichkeit wird zur strategischen Ressource, nicht zur Identität. Und auch die spätere Enthüllung, dass Hermann und Oswald einen Vertrag geschlossen haben, um Maria zu „teilen", stellt ihre Emanzipation endgültig infrage.

Die Ehe der Maria Braun
Die Ehe der Maria Braun
Starttermin 23. März 1979 | 2 Std. 01 Min.
Von Rainer Werner Fassbinder
Mit Hanna Schygulla, Klaus Löwitsch, Ivan Desny
Pressekritiken
4,8
User-Wertung
3,8
Filmstarts
5,0

Fassbinder reflektiert damit die Gesellschaft durch die Figur der Maria Braun: Er stellt die verklärte Vorstellung vom Wirtschaftswunder an den Pranger, indem er ihr eine kalte, berechnende Welt gegenüberstellt, in der Gefühle keinen Platz haben. Er zeigt auf, wie tief patriarchale Strukturen tatsächlich sitzen – so tief nämlich, dass selbst die emanzipiertesten Frauen nicht frei davon sein können. Die gutbürgerliche Ordnung wird kritisiert und hinterfragt, deutsche Tugenden wie Disziplin ebenfalls. Das endet unbequem und mit einem großen Knall – ist aber unbedingt sehenswert.

Apropos deutsches Kino: Einer der wichtigsten hiesigen Filme des Jahres dürfte „Amrum” werden:

Coming-Of-Age trifft auf Kriegs-Drama: Neuer Trailer zu "Amrum", dem neuen Film des "Gegen die Wand"- und "Der goldene Handschuh"-Machers

*Bei dem Link zum Angebot von Amazon handelt es sich um einen sogenannten Affiliate-Liwnk. Bei einem Kauf oder beim Abschluss eines Abos über diesen Link erhalten wir eine Provision. Auf den Preis hat das keinerlei Auswirkung.

Dies ist eine aktualisierte Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.

facebook Tweet
Ähnliche Nachrichten
Das könnte dich auch interessieren