Die Gesandte des Papstes
Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
2,5
durchschnittlich
Die Gesandte des Papstes

Heiliger geht’s nicht!

Von Gaby Sikorski

Auch wenn sie vor bald 30 Jahren verstarb, ist „Mutter Teresa“ noch immer den meisten ein Begriff. Die Ordensschwester, die mit 18 Jahren nach Indien kam und dort bis zu ihrem Tod wirkte, gilt bis heute als Inbegriff für die selbstlose Unterstützerin von Armen und Hungernden, besonders von Kindern. Deutlich weniger bekannt ist hingegen eine ihrer Vorgängerinnen, Francesca Xaviera Cabrini, die Ende des 19. Jahrhunderts als Nonne nach New York ging, um sich dort für die häufig im Elend lebenden Einwandererkinder einzusetzen.

Cabrini wurde später als erste US-Bürgerin heiliggesprochen. Sie gründete zahlreiche Waisenhäuser, Schulen und Krankenhäuser – eine gewaltige Leistung für eine Frau, die sich in einer von Männern dominierten Gesellschaft und Kirche behaupten musste. „Die Gesandte des Papstes“, ein Biopic über das Leben der Francesca Xaviera Cabrini, handelt nun vorrangig von ihren ersten Jahren in den USA – und von den zahllosen Widrigkeiten, denen die Ordensfrau mit viel Pragmatismus begegnete.

Francesca Xaviera Cabrini (Cristiana Dell'Anna) stehen bei ihrer Mission vor allem die Männer im Weg. 24 Bilder
Francesca Xaviera Cabrini (Cristiana Dell'Anna) stehen bei ihrer Mission vor allem die Männer im Weg.

Mit das Interessanteste an diesem Melodram ist vermutlich die kritische Auseinandersetzung mit dem „amerikanischen Traum“, der für viele, wenn nicht gar für die meisten europäischen Einwanderer*innen Ende des 19. Jahrhunderts zum uneingelösten – und uneinlösbaren – Versprechen wurde. Zu Beginn zeigt der Film einen verzweifelten kleinen Jungen, der seine sterbende Mutter auf einem Karren durch die verdreckten und überfüllten Straßen eines New Yorker Armenviertels schiebt, und die Passant*innen auf Italienisch um Hilfe anfleht. Aber niemand hilft ihm, das Krankenhaus nimmt keine Italiener*innen auf – und die Mutter stirbt einfach.

Der kleine Paolo wird zum Straßenkind, eines von vielen, die sich in der Kanalisation mit ihren zahllosen unterirdischen Gängen und Tunneln unter der Metropole verstecken. Paolos Weg scheint vorgezeichnet, denn seine Heimat „Five Points“, der berüchtigte Slum in Lower Manhattan, ist eine der Brutstätten für Kriminelle aller Art. Francesca Xaviera Cabrini (Cristiana Dell'Anna) tritt unterdessen gemeinsam mit einigen ihrer Ordensschwestern die lange Reise über den Atlantik an. Sie ist im Auftrag von Papst Leo XIII. unterwegs, den sie mit ihrer Energie und Willensstärke so sehr beeindrucken konnte, dass er sie zur Unterstützung der in Armut lebenden italienischen Bevölkerung nach New York schickt.

Erst die Mission, dann die Mittel

Dort begegnet sie bald nach ihrer Ankunft dem kleinen Paolo (Federico Ielapi). Er wird einer der ersten Bewohner ihres Waisenhauses, das sie, allen Widerständen zum Trotz, in New York eröffnet. Der Junge entwickelt sich dabei zum Vermittler zwischen Cabrini und der misstrauischen Bevölkerung von „Five Points“. Ähnliches gilt für die junge Hure Vittoria (Romana Maggiora Vergano). In dem heruntergekommenen Viertel landen die meisten Neuankömmlinge aus Italien – und viele werden bleiben, in rattenverseuchten, überfüllten und überteuerten Unterkünften.

Dabei stehen Schwester Cabrini in ihrem Kampf für die zahllosen Einwandererkinder der Stadt vor allem die Männer von New York im Weg: arrogante Politiker und Kirchenobere in einer Zeit des Umbruchs, in der ein ungebremster Raubtier-Kapitalismus blüht, dazu eine arrivierte Bürgerschaft, die gegen sämtliche Einwanderer*innen, besonders aber gegen Menschen aus Italien, gewaltige Vorurteile hegen. Doch Cabrini lässt sich nicht unterkriegen. Ihr Wahlspruch lautet: „Beginne mit der Mission, und die Mittel werden folgen.“

Francesca Xaviera Cabrini (Cristiana Dell'Anna) ist die erste US-Bürgerin, die heiliggesprochen wurde – und das nicht ohne Grund! 24 Bilder
Francesca Xaviera Cabrini (Cristiana Dell'Anna) ist die erste US-Bürgerin, die heiliggesprochen wurde – und das nicht ohne Grund!

„Die Gesandte des Papstes“ scheint einen Trend zu bestätigen: das melodramatische Rührstück als Ausdruck der ungebremsten, unkritischen Huldigung von Frauen, die tatsächlich gelebt haben und irgendwie bekannt wurden. Das Ergebnis ist diesmal eine Art feministische Soap-Opera, eine moderne „Gartenlaube“-Verfilmung: Es geht nach einem vorgezeichneten Muster um eine Frau als Vorbild mit lobenswerten humanistischen Grundsätzen, die sich in einer feindlichen Männerwelt durchsetzen muss. Während zwei weitere Frauen-Biopics der letzten Jahre, „Die Witwe Clicquot“ und „Maria Montessori“, immerhin noch die Entwicklung einer Frau zur Heldin zeigen, kommt Francesca Xaviera Cabrini ganz ohne Entwicklung aus.

Alejandro Monteverde, dessen mega-erfolgreiche Filmbiografie „Sound Of Freedom“ über den Menschenrechtsaktivisten Tim Ballard aufgrund möglicher Recherchefehler und dubioser Verbindungen zu Verschwörungstheoretikern nicht unumstritten blieb, zeigt die katholische Ordensschwester als perfekte Persönlichkeit – eine Frau mit zarter Gesundheit und eisernem Willen, kämpferisch bis zur Selbstaufgabe und voller Empathie. So ist sie von Anfang an, und so bleibt sie. Leider wird die vorhersehbare Handlung dabei von einem allzu schwülstigen Soundtrack inklusive Schuhu-Chören überlagert.

Starke Bilder!

Dass trotz der stattlichen Laufzeit von 145 Minuten selten Langeweile aufkommt, ist der begeisterungswürdigen Kameraarbeit mit vielen Hell-Dunkel-Kontrasten und teilweise scherenschnittartigen Bildkompositionen zu verdanken. Dazu kommen stimmungsvolle Filmsets, in denen das New York der 1890er Jahre in all seinen Gegensätzen wiederaufersteht.

Noch mehr Lob gebührt nur der Hauptdarstellerin: „Gomorrha“-Star Cristiana Dell'Anna spielt Cabrini als aufrechte und zu allem entschlossene Persönlichkeit, gütig bis ins Mark. Schmal und blass, kränklich, aber mit geradem Rücken und erhobenem Kinn, immer in Augenkontakt mit dem Gegner, und davon gibt es reichlich. Monteverdi macht aus ihr eine Über-Frau, deren Religiosität weniger im Vordergrund steht als ihr Humanismus. Sie ist keine Betschwester, sondern eine taffe Frau, die sich durchzusetzen weiß. Nicht weil, sondern obwohl sie eine Nonne ist.

Fazit: „Die Gesandte des Papstes“ feiert Francesca Xaviera Cabrini in wunderbaren Bildern als idealisierte Frauenfigur, die zwar eine katholische Ordensschwester war, deren Religiosität im Film aber keine große Rolle spielt. Der Ansatz könnte feministisch sein, gäbe es da nicht diesen faden Beigeschmack von Lore-Roman und melodramatischem Rührstück.

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