F1 - Der Film
Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
4,0
stark
F1 - Der Film

Man sieht sofort, warum der Film bis zu 300 Millionen Dollar gekostet hat!

Von Christoph Petersen

Erst Tom Cruise als Kampfpilot, der in realen Jets bis auf Mach 1,6 beschleunigt – jetzt Brad Pitt als Rennfahrer, der mit „gerade einmal“ 350 km/h die Geraden realer Grand-Prix-Strecken entlangdonnert: Im Vorfeld wirkte es fast so, als hätte Jerry Bruckheimer seine Mega-Produktionen „Top Gun 2: Maverick“ und „F1 – Der Film“ in verkehrter Reihenfolge abgedreht – schließlich ist der „Fluch der Karibik“-Starproduzent nicht gerade dafür bekannt, zwischen seinen Filmen vom Gas zu gehen. Aber Pustekuchen!

Denn was den puren Highspeed-Thrill angeht, nehmen sich die beiden Filme tatsächlich kaum etwas, genauso wie bei der Story, die eben vor allem Mittel zum Zweck bleibt und die man am besten ohne großes Nachdenken einfach so hinnimmt. Adrenalinjunkies und Asphaltcowboys kommen also voll auf ihre Kosten, gerade im IMAX-Format. Und selbst ohne Benzin im Blut bekommt man bei „F1 – Der Film“ mehr als zweieinhalb Stunden astreine Blockbuster-Unterhaltung geboten. Zumal die Apple-Produktion trotz der engen Zusammenarbeit mit der Formel 1 immer noch erfreulich viele Ecken und Kanten aufweist.

Für seinen Ex-Rivalen Ruben (Javier Bardem) kehrt Sonny Hayes (Brad Pitt) gerne noch einmal in die Formel 1 zurück. Warner Bros. / Apple
Für seinen Ex-Rivalen Ruben (Javier Bardem) kehrt Sonny Hayes (Brad Pitt) gerne noch einmal in die Formel 1 zurück.

Dem Ex-Rennfahrer Ruben (Javier Bardem) bleibt nur noch eine halbe Saison: Vor zweieinhalb Jahren hat er den Formel-1-Rennstall APXGP gegründet – und nun steht er mit 350 Millionen Dollar Verlust und ohne vorzeigbare Erfolge da. Wenn das Team bis Saisonende nicht mindestens einen Sieg einfährt, ist er seinen Job los. Also wagt er aus purer Verzweiflung noch einen letzten Hail-Mary-Pass:

Neben dem talentierten, aber noch unerfahrenen Rookie Joshua Pearce (Damson Idris) soll für die verbleibenden Rennen Sonny Hayes (Brad Pitt) im zweiten Wagen des Teams Platz nehmen. Das Besondere daran: Der Sunnyboy ist schon jenseits der Fünfzig – und hat seit einem verheerenden Crash in den Neunzigern nicht mehr hinter dem Steuer eines Formel-1-Wagens gesessen…

Ein so noch nie gesehener Zugang

Dass Jerry Bruckheimer als Produzent von „Top Gun“, „Pearl Harbor“ und „Black Hawk Down“ beste Kontakte zum US-Militär unterhält, weiß man ja: Wenn er einen Jet oder einen Flugzeugträger braucht, dann wird der ihm vermutlich direkt morgen früh vor die Haustür gestellt! Und offenbar ist ihm jetzt bei der Formel 1 ein ganz ähnlicher Coup gelungen: Für „F1 – Der Film“, erneut inszeniert von „Top Gun 2“-Regisseur Joseph Kosinski, erhielt das Team nämlich einen Zugang, von dem andere Produktionen wohl nicht einmal zu träumen wagen würden.

In der Saison 2023/24 sollte die Filmcrew ab dem Auftakt in Silverstone von Rennen zu Rennen mitreisen – und zwar mehr oder weniger wie ein ganz normales Formel-1-Team. Wegen des Schauspielerstreiks in den USA verzögerte sich dann zwar alles ungeplant, aber Brad Pitt und Damson Idris wurden nach einem monatelangen Training dennoch offiziell ins Fahrerlager aufgenommen. So mischten sie sich u. a. in der Pressezone, bei der Siegerehrung, aber auch in der Startaufstellung unter die realen Fahrer.

Vor allem die Rennszenen aus der Egoperspektive sind besonders spektakulär! Waner Bros. / Apple
Vor allem die Rennszenen aus der Egoperspektive sind besonders spektakulär!

Der als Produzent beteiligte Siebenfach-Weltmeister Lewis Hamilton kümmerte sich unterdessen um eine möglichst authentische Umsetzung der Rennszenen: Mit realen Formel-2-Boliden, die von Mercedes so umgebaut wurden, dass sie im Film nun täuschend echt nach Formel 1 aussehen, rasen die Schauspieler bzw. ihre Stuntfahrer in riskanten Manövern über die realen Strecken – und erreichen dabei mit bis zu 15 integrierten Kameras pro Wagen ein geradezu atemberaubendes Maß an Authentizität. Weil Hayes eben auch maximal auf Angriff gepolt ist, schnellt der Puls in den Haarnadelkurven garantiert in die Höhe.

Apropos Attacke: Wie von einer solchen Formel-1-Kooperation zu erwarten war, sehen die Rennszenen nicht nur spektakulär, sondern auch nach purem Hochglanz aus. Netter Nebeneffekt: Die Werbeaufdrucke auf den fiktiven APXGP-Wagen haben sehr reale Dollars eingebracht – und so schon vor Kinostart einen nicht kleinen Teil des Wahnsinnsbudgets von kolportierten 300 Millionen Dollar wieder reingeholt. Bei solch glatten Oberflächen muss man natürlich aufpassen, dass nicht gleich der ganze Film allzu glattgebügelt wirkt. Aber keine Sorge, denn genau da kommt Sonny Hayes' Angriffslust ins Spiel!

Mr. Safetycar

Wir fragen uns jedenfalls, wie genau die Formel-1-Verantwortlichen das Skript vorab wirklich gelesen haben? Schließlich hilft der in die Jahre gekommene Protagonist seinem Team zunächst vor allem weiter, indem er im richtigen Augenblick Kollisionen verursacht und so Safetycar-Phasen provoziert, die wiederum seinen jüngeren Kollegen Pearce ein paar Plätze nach vorne spülen. Mit Fair Play hat das wenig bis gar nichts zu tun, aber man drückt ihm trotzdem rückhaltlos beide Daumen.

Das hat auch maßgeblich mit Brad Pitt zu tun: Der hat schließlich schon als Teammanager in „Die Kunst zu gewinnen – Moneyball“ die leidenschaftliche Intuition durch kühle Mathematik ersetzt – und selbst dabei haben wir ihn angefeuert. In „F1 – Der Film“ fährt er in einem alten Surfer-Van durch die Gegend, immer auf der Suche nach dem nächsten Highspeed-Kick – mit einem Körper, der zwar ständig im Eisbad kuriert werden muss, aber dabei dank all der Tattoos und Narben für viele im Publikum wahrscheinlich nur noch heißer wirkt.

Brad Pitt und Kerry Condon dürften auch gerne mal zusammen eine Screwball-Komödie drehen. Warner Bros. / Apple
Brad Pitt und Kerry Condon dürften auch gerne mal zusammen eine Screwball-Komödie drehen.

Die Chemie zwischen den Oscargewinnern Brad Pitt (für „Once Upon A Time … In Hollywood“) und Javier Bardem (für „No Country For Old Men“) ist großartig – aber nichts im Vergleich zu der Chemie zwischen Brad Pitt und Kerry Condon (oscarnominiert für „The Banshees Of Inisherin“) als erste weibliche Technikchefin der Formel-1-Geschichte. Die einer Screwball-Komödie würdigen Frotzeleien zwischen den beiden sind sogar dermaßen charmant, dass es erstaunlich wenig cringe wirkt, wenn die beiden – trotz 19 Jahren Altersunterschied – natürlich irgendwann miteinander im Bett landen.

Fazit: Die Story von „F1 – Der Film“ ist mitunter schon ziemlicher Blockbuster-Bullshit – irgendwie muss man es ja hinbiegen, dass ein Ex-Fahrer mit Mitte 50 nochmal in einem Formel-1-Cockpit sitzt, ohne dass es einfach nur lächerlich wirkt. Aber das schelmische Lächeln von Brad Pitt, der treibende Score von Hans Zimmer und die atemberaubenden, so noch nie gesehenen Rennaufnahmen sind nichtsdestoweniger eine absolut podiumswürdige Kombination. Die Frage ist nur: Hat sich die Formel 1 wirklich einen Gefallen damit getan, den Film derart umfangreich zu unterstützen? Denn im direkten Vergleich mit diesem IMAX-Gigantismus stinken die realen Rennen auf dem kleinen Fernseher schon ziemlich ab…

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