Companion - Die perfekte Begleitung
Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
3,5
gut
Companion - Die perfekte Begleitung

Gnadenlos unterhaltsam

Von Christoph Petersen

Ein Hinweis vorweg: Das Poster und der Trailer verraten bereits, was es mit der von Beginn an etwas merkwürdigen Protagonistin Iris auf sich hat – und auch in einer Kritik kommt man kaum darum herum, zumindest die Prämisse zu enthüllen. Im Film selbst dauert es hingegen 15 bis 20 Minuten, bis der erste zentrale Twist offenbart wird. Wenn ihr also eh Lust auf einen richtig schön fiesen und dabei saumäßig unterhaltsamen Horror-Thriller habt, geht am besten möglichst unwissend ins Kino. Bei den unbestreitbaren Crowdpleaser-Qualitäten von „Companion – Die perfekte Begleitung“ werdet ihr es sicher nicht bereuen.

Ein perfektes Paar!? Warner Bros.
Ein perfektes Paar!?

Jetzt aber zur eigentlichen Besprechung: Der Spaß lauert bereits um die Ecke, aber los geht es erstmal einigermaßen ernsthaft. Iris (Sophie Thatcher), deren Aufmachung ein wenig an den Pin-up-Look von Geena Davis in „Thelma & Louise“ erinnert, wird von ihrem Freund Josh (Jack Quiad) zu einem gemeinsamen Wochenende mitgeschleppt. Ziel ist die Villa des russischen Millionärs Sergey (Rupert Friend), dem aktuellen Sugar-Daddy von Joshs bester Freundin Kat (Megan Suri). Ebenfalls vor Ort ist Eli (Harvey Guillén), der zwar selbst das eine oder andere Kilo zu viel auf den Rippen hat, dessen Liebhaber Patrick (Lukas Cage) dafür aber wie ein aus Marmor gemeißelter Adonis anmutet. Doch irgendwas stimmt hier nicht. Vieles wirkt, ohne es genau greifen zu können, übergriffig – und tatsächlich wird Iris am nahegelegenen See von Sergey angegangen, der überhaupt kein schlechtes Gewissen zu haben scheint, sich ihr auch sexuell aufzudrängen.

Companion – Die perfekte Begleitung“ beginnt wie ein hyperstilisiertes #MeToo-(Horror)-Drama – und dieser Eindruck täuscht auch nur zur Hälfte: Als Josh seiner in puncto Attraktivität mindestens drei Ligen über ihm spielenden Freundin in einem besonders hitzigen Moment befiehlt zu „schlafen“, werden ihre Augen urplötzlich weiß und sie lässt bewusstlos den Kopf hängen. Aber die unerwartete Reaktion ist nicht etwa auf eine Form von Hypnose zurückzuführen, stattdessen entpuppt sich Iris als erstaunlich ausgereifter Sexroboter. Oder euphemistischer ausgedrückt: „ein emotionaler Support-Bot, der fickt“. Es gelten dabei die üblichen Asimov-Regeln: Iris muss jeden Befehl ausführen, sie muss immer die Wahrheit sagen und sie darf weder Menschen noch anderen Robotern Schaden zufügen.

#MeToo trifft Künstliche Intelligenz

Aber es gibt da noch einen weiteren Umstand, der dieses Mensch-Maschine-Miteinander ganz besonders schäbig erscheinen lässt: Im Gegensatz zum von Jude Law verkörperten Liebesroboter Gigolo Joe in Steven Spielbergs Meisterwerk „A.I. – Künstliche Intelligenz“ glauben die Sexroboter in „Companion – Die perfekte Begleitung“ nämlich, dass nicht nur sie selbst, sondern auch ihre Liebe absolut echt seien. Mithilfe von falschen Erinnerungen wird den „Maschinen“ ein freier Wille vorgegaukelt, der in Wahrheit nicht existiert. Wenn man da genauer drüber nachdenkt, kann einem in einigen Szenen regelrecht schlecht werden. So etwa, wenn der Loser Josh in einer Rückblende seine frisch geleaste Sexpuppe (zum Kaufen reicht das Geld nicht) in Empfang nimmt: Die Support-Bots lieben jeden bedingungslos, den sie nach dem Einschalten zuerst sehen, fast so, als seien sie frisch geschlüpfte Entenküken.

Der Plot von „Companion“ hätte also definitiv das Zeug zu einer ganz besonders düsteren Episode von „The Twilight Zone“ oder „Black Mirror“. Aber der auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnende Debütregisseur Drew Hancock lässt all die thematischen Abgründe im weiteren Verlauf eher so nebenbei mitschwingen – und liefert uns stattdessen einen zunehmend im blutigen Chaos versinkenden, konsequent hochtourigen Heist-Thriller mit knallhart-kathartischen („Rape“-&-)Revenge-Einschüben (es ist halt superleicht, Josh aus ganzem Herzen zu hassen). Eine erzählerische Wendung reiht sich an die andere, und die Art und Weise, wie die Roboter-Regeln, an die sich Iris selbst auf ihrem Rachefeldzug nun mal halten muss, in das Drehbuch einbezogen werden, ist immer wieder ebenso clever wie schwarzhumorig.

Da soll noch mal jemand behaupten, Roboter könnten keinen Schmerz empfinden! Warner Bros.
Da soll noch mal jemand behaupten, Roboter könnten keinen Schmerz empfinden!

Wie sein Vater Dennis Quaid im gerade erst als Bester Film oscarnominierten Body-Horror-Meisterwerk „The Substance“ gibt auch Jack Quaid („The Boys“) einen grandiosen Schmierlappen ab, dem man praktisch vom ersten Moment an am liebsten selbst in die Fresse schlagen würde. Gerade das sorgt dafür, dass speziell die zweite Hälfte nicht nur riesigen Spaß macht, sondern auch unglaublich befriedigend wirkt. Aber die zentrale Performance des Films steuert natürlich trotzdem Sophie Thatcher („Yellowjackets“) bei:

Nur wenige Wochen, nachdem sie als Mormonen-Missionarin im Horror-Schocker „Heretic“ brilliert hat, begeistert sie auch in „Companion“! Wenn man zu Beginn noch glaubt, Iris sei ein Mensch, streut sie genügend kleine verstörende Manierismen ein, um einen immer wieder aus der Bahn zu schmeißen. Und später trotzt sie ihrem „Sexroboter“ mit einer einzelnen die Wange herunter kullernden Träne so viel Menschlichkeit ab, dass man ihr erst recht alle Daumen drückt (und fast allen anderen einen ganz besonders grausamen Tod wünscht, was zum Glück in einigen Fällen auch genauso in Erfüllung geht).

Fazit: In die schmerzlichen (#MeToo-)Abgründe, die sich hier immer wieder an den Rändern andeuten, taucht Drew Hancock bewusst nicht allzu tief ab. Stattdessen setzt er auf extrem zynischen Humor und überraschende Wendungen. Das Ergebnis ist ein ebenso cleveres wie extrem fieses Heist-&-Rache-Genrestück, von dem man sich vielleicht im Nachhinein wünscht, es wäre zwischendurch NOCH düsterer und mutiger, das während des Schauens aber vor allem unheimlich Laune macht.

P.S.: An einer Stelle lässt sich Iris etwas besonders Cleveres einfallen, um beim Aufeinandertreffen mit dem örtlichen Sheriff ihre eigene Nicht-lügen-Programmierung auszuhebeln – und das ist in der englischen Originalfassung gerade für deutschsprachige Zuschauer*innen schlichtweg saumäßig lustig! Wenn ihr also irgendwie die Chance auf eine OV-Vorstellung (mit Untertiteln) habt, lohnt sich diese Wahl im Fall von „Companion – Die perfekte Begleitung“ gleich doppelt.

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