Ein legitimer Nachfolger für Indiana Jones?
Von Lutz GranertMit Schlapphut und Peitsche ist Indiana Jones wohl der markanteste Archäologe der Filmgeschichte – und auch der erfolgreichste. Die fünf Teile der gleichnamigen Reihe spielten weltweit satte 2,15 Milliarden US-Dollar an den Kinokassen ein. Eine weitere Fortsetzung der Original-Reihe mit Harrison Ford ist aktuell aber sehr unwahrscheinlich. Schließlich ist die Schauspiellegende inzwischen schon 82 Jahre alt. Zudem war der letzte Beitrag der Reihe, „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ aus dem Jahr 2023, eine große Enttäuschung. Der Flop konnte mit den Kinoeinnahmen wohl nicht einmal die Kosten für Produktion und Marketing decken.
Die Apple-Produktion „Fountain Of Youth“ versucht nun offensichtlich diese Lücke zu füllen und schickt gleich zwei neue Held*innen ins Rennen, um den großen Fußstapfen des ikonischen Abenteurers zu folgen. Unter Anleitung von „Sherlock Holmes“-Regisseur Guy Ritchie dürfen Oscar-Preisträgerin Natalie Portman („Black Swan“) und John Krasinski („A Quiet Place“) sich als ungleiches Archäologen-Geschwisterpaar an der Indy-Nachfolge versuchen. Dabei trumpft „Fountain Of Youth“ mit einer von vielen Schauplatzwechseln gesäumten Schatzsuche, detailverliebten Sets und erstklassigen Effekten durchaus auf. Allerdings hapert es am Tempo: Das dialoglastige und streckenweise zähe Skript von James Vanderbilt („Scream VI“) bremst das Abenteuer immer wieder aus.
Der Milliardär Owen Carver (Domhnall Gleeson) ist an Leberkrebs erkrankt und beauftragt ein Team um den Archäologen Luke Purdue (John Krasinski), den sagenumwobenen Jungbrunnen zu finden. Schließlich verspricht dessen Wasser ewiges Leben. Tatsächlich geben sechs berühmte Gemälde rund um die Kreuzigung zunächst rätselhafte Hinweise auf den Standort. Da Luke für seine Suche unter den Augen seiner Schwester Charlotte (Natalie Portman) in einem Londoner Museum einen echten Rembrandt stiehlt, verliert sie ihren Job als Kuratorin und schließt sich eher widerwillig dem Schatzsucher-Trupp an. An dessen Fersen heftet sich neben Interpol-Agent Jamal Abbas (Arian Moayed) bald auch die mysteriöse Esme (Eiza González)...
Offensichtlich war den Machern hinter „Fountain Of Youth“ bewusst, dass ein neuer Held ohnehin nicht Indiana Jones das Wasser reichen kann. So werden gleich zwei gegensätzliche Charaktere in Stellung gebracht, die im Dauerclinch miteinander liegen. Luke weist starke kleptomanische Tendenzen auf, und die resolute Charlotte appelliert immer wieder erfolglos an seine scheinbar verlorenen moralischen Tugenden. Daraus ergeben sich zunächst durchaus pointierte Wortgefechte – die aber im weiteren Verlauf mangels Mehrwert zunehmend auf die Nerven gehen.
Ohnehin krankt „Fountain Of Youth“ an einer gewissen Geschwätzigkeit. In einem noblen Wiener Restaurant entbrennt so ein Streitgespräch zwischen dem snobistischen Owen und Charlottes forschem „Wunderkind“-Sohn Thomas (Benjamin Chivers). Die Diskussion über perversen Reichtum und die Größe von Privat-Flugzeugen ist durchaus süffisant – den eigentlichen, durch solche Abzweigungen auch immer wieder in seiner Spannung ausgebremsten Plot bringt es aber nicht wirklich voran. Ein anderer Dialog am Ende und eine bewusst vage Szene in Vatikanstadt (mit einem Kurzauftritt von „Konklave“-Kardinal Stanley Tucci) schielen dagegen allzu deutlich auf eine mögliche Fortsetzung des weitestgehend unblutigen und daher familientauglichen Actionabenteuers.
Das Nacheifern des übergroßen Vorbilds ist derweil immer spürbar – und nicht nur weil der kurz erwähnte Name von Lukes und Charlottes Vater eine überdeutliche Anspielung ist. Vor allem der hemdsärmelig agierende „Jack Ryan“-Star John Krasinski versucht Erinnerungen an Harrison Ford zu wecken – zum Beispiel wenn er Esme ebenso schroff-plump und kläglich becircen will wie einst Indy Marion in „Jäger des verlorenen Schatzes“
Auch einige aufwändige Sets brauchen sich vor den „Indiana Jones“-Filmen nicht zu verstecken. Neben dem dann tatsächlich mal temporeichen, spannenden und mit gelungenem CGI aufgemotzten Finale ist die Kulisse des wassertriefenden Schiffswracks Lusitania, von dem ein Teil separiert und nach über 100 Jahren auf dem Meeresboden mittels Luftballons an die Oberfläche gehoben wird, ein echtes Highlight. Mit rostiger Patina und Algen überzogen bietet es einen spektakulären Schauwert.
Auch bei einer durchaus packenden Motorroller-Verfolgungsjagd durch Bangkok zum Auftakt (die aber der ausufernden Actionsequenz während der Mondlande-Parade in „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ nicht ganz das Wasser reichen kann) zeigt sich, dass Guy Ritchie in Sachen Budget aus dem Vollen schöpfen konnte. Schade nur, dass er es mit einer weitgehend unverbindlich dahinplätschernden Inszenierung zu selten macht.
Fazit: Mit einer Handvoll packenden Actionszenen und einigen liebevoll ausgestatteten Sets entspinnen sich in den „Indiana Jones“-Teilen spannende filmische Achterbahnfahrten. Guy Ritchie gelingt es mangels Drive in „The Fountain Of Youth“ trotz einiger guter Ansätze nur selten, an diese Virtuosität anzuknüpfen.