"Clint Eastwood hat deinen Film nicht gesehen": Vor 19 Jahren war dieses Meisterwerk der große Oscar-Verlierer – und die Autorin wusste es schon vorher!
Michael Bendix
Michael Bendix
-Redakteur
Schaut pro Jahr mehrere hundert Filme und bricht niemals einen ab. Liebt das Kino in seiner Gesamtheit: von Action bis Musical, von Horror bis Komödie, vom alten Hollywood bis zum jüngsten "Mission: Impossible"-Blockbuster.

Vor 19 Jahren war der Schock groß, als statt dem großen Favoriten „Brokeback Mountain“ der umstrittene Episodenfilm „L.A. Crash“ den Oscar als Bester Film gewann. Die Drehbuchautorin des Meisterwerks ahnte das schon Wochen vorher...

Bei der Oscar-Verleihung 2006 konkurrierten insgesamt fünf Werke um die Auszeichnung als Bester Film: Steven Spielbergs Thriller „München“, George Clooneys Mediendrama „Good Night, And Good Luck“, das Biopic „Capote“, der Episodenfilm „L.A. Crash“ sowie „Brokeback Mountain“ – bei dem es sich zweifellos um den großen Favoriten des Abends handelte. Umso größer war der Schock, als nicht Ang Lees gefeierte Romanze über zwei sich ineinander verliebende Cowboys (gespielt von Jake Gyllenhaal und Heath Ledger) gewann...

...sondern „L.A. Crash“, ein u.a. mit Sandra Bullock, Matt Dillon, Don Cheadle und Brendan Fraser besetztes Ensemble-Drama über Rassismus und soziale Spannungen in Los Angeles, das schon zu seinem Erscheinen die Kritik spaltete und zu keinem Zeitpunkt als ernsthafter Anwärter auf den Hauptpreis gehandelt wurde. Bis heute wird die Entscheidung kontrovers diskutiert.

L.A. Crash
L.A. Crash
Starttermin 4. August 2005 | 1 Std. 47 Min.
Von Paul Haggis
Mit Sandra Bullock, Don Cheadle, Matt Dillon
Pressekritiken
4,3
User-Wertung
4,3
Filmstarts
4,5

Immerhin drei Oscars konnte „Brokeback Mountain“ gewinnen: für die Beste Regie, die von Gustavo Santaolalla komponierte Filmmusik sowie das Drehbuch-Duo Diana Ossana und Larry McMurtry. Während aber die meisten Anwesenden völlig überrumpelt davon waren, dass das auch in der offiziellen FILMSTARTS-Kritik mit vollen fünf Sternen prämierte Meisterwerk gegenüber „L.A. Crash“ den Kürzeren zog, ahnte Ossana schon zu einem früheren Zeitpunkt, dass „Brokeback Mountain“ allen Prognosen zum Trotz leer ausgehen könnte.

Wie sie erst kürzlich in einem Interview mit der New York Times verriet, kam der Wendepunkt für sie bereits Wochen zuvor bei einer Zusammenkunft in Hollywood. Paul Haggis, der Regisseur von „L.A. Crash“, hatte zu einer Party eingeladen, bei der auch Regie-Ikone Clint Eastwood anwesend war. Für Ossana ein großer Moment – bis Haggis mit folgenden Worten auf sie zukam: „Diana, ich muss dir sagen, [Clint Eastwood] hat deinen Film nicht gesehen.“

War Homophobie der Grund für den Oscar-Verlust von "Brokeback Mountain"?

Für Ossana war nun alles klar: Wer in der Academy stimmberechtigt ist, sich aber weigert, den wahrscheinlich meistdiskutierten Film des Jahres überhaupt anzusehen, zeigt damit eine gewisse Haltung – und wenn ein Schwergewicht wie Eastwood das Melodram links liegen lässt, dann wird er unter den damals rund 6.000 Academy-Mitgliedern sicher kein Einzelfall sein.

„Es war, als hätte mir jemand einen Tritt in den Magen verpasst“, erinnert sich Ossana – und wird im Anschluss sehr deutlich. „Die Leute wollen nicht zugeben, dass Homophobie ein Faktor im Oscar-Rennen war, aber was hätte es sonst sein können? Wir hatten bis dahin alles gewonnen.“

Tatsächlich hatte „Brokeback Mountain“ zuvor fast alle wichtigen Filmpreise abgeräumt – darunter den Goldenen Löwen in Venedig, vier Golden Globes sowie den BAFTA für den Besten Film. Zudem zeigten sich nicht nur die Kritiker*innen begeistert, auch beim Publikum schlug der Film ein – 178 Millionen US-Dollar spülte „Brokeback Mountain“ in die globalen Kinokassen (bei einem Budget von gerade einmal 14 Millionen).

„Die Kinos waren bis zum Rand gefüllt, weil alle neugierig waren“, so Ossana. „Und wenn dann die Sexszene zwischen den beiden kam, konnte man zwar sehen, wie manche Leute aufstanden und rausgingen – aber nicht viele. Und als der Abspann einsetzte, ging niemand. Sie blieben sitzen, wie festgeklebt, bis das Licht anging – und viele Leute haben geweint.“

Dass „Brokeback Mountain“ ausgerechnet bei den Oscars auf weniger Gegenliebe stieß und stattdessen „L.A. Crash“ zum großen Sieger gekürt wurde, der zuvor keinen einzigen bedeutenden Award gewonnen hatte, ist mindestens auffällig – und die Ablehnung des ohnehin als eher konservativ bekannten Eastwood für eine queere Liebesgeschichte darf durchaus als Hinweis für die Gründe herangezogen werden...

Übrigens haben gleich mehrere Mega-Stars den Film abgelehnt. Warum, erfahrt ihr im nachfolgenden Artikel:

"Alle sagten Nein": Brad Pitt, Leonardo DiCaprio und Matt Damon lehnten einen Film ab, der in die Geschichte einging

Ein ähnlicher Artikel ist zuvor auf unserer spanischen Schwesternseite Espinof.com erschienen.

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