Dieser oscargekrönte Kultklassiker mit einem "Matrix"-Star wird nach über 30 Jahren fortgeführt – heute läuft er im TV
Sidney Schering
Sidney Schering
-Freier Autor und Kritiker
Schon in der Grundschule las er Kino-Sachbücher und baute sich parallel dazu eine Film-Sammlung auf. Klar, dass er irgendwann hier landen musste.

Die Kostüme haben einen Oscar gewonnen, die drei Hauptdarsteller die Herzen zahlreicher Fans: arte zeigt heute Abend die herzliche Tragikomödie „Priscilla – Königin der Wüste“ mit einem hervorragenden Cast in schillernder Kluft.

Bevor Hugo Weaving zum schwarz-weiß gekleideten „Matrix“-Fiesling wurde, stolzierte er in fabelhafter Montur durch einen Überraschungserfolg, der den Kostüm-Oscar gewann: Die Roadtrip-Tragikomödie „Priscilla – Königin der Wüste“ gilt in Australien als Popkultur-Meilenstein, weshalb sie sogar Teil der Abschlussfeier der Olympischen Sommerspiele 2000 war.

Zudem genießt sie (nicht nur) beim LGBTQ-Publikum dank ihrer Mischung aus Humor und Herzlichkeit Kultstatus. Über 30 Jahre nach seiner Weltpremiere soll der Film ein Sequel mit der Ur-Besetzung erhalten (mehr dazu). Nun steht aber das Original im Rampenlicht: arte zeigt heute, am 30. Juli 2025, ab 20.15 Uhr „Priscilla – Königin der Wüste“. Darüber hinaus ist der Kultklassiker bei Prime Video im Abo enthalten.

Darum geht es in "Priscilla – Königin der Wüste"

Die australische Drag Queen Tick alias Mitzi (Hugo Weaving) hat vom Großstadtpublikum in Sydney die Nase voll und stürzt sich daher auf die Einladung, im fernen und deutlich kleineren Alice Springs aufzutreten. Um die ferne Reise nicht allein in Angriff zu nehmen, bittet Mitzi außerdem den unter dem Namen Felicia auftretenden Travestiekünstler Adam (Guy Pearce) und die Trans-Frau Bernadette (Terence Stamp), sich ihr anzuschließen.

Und so begibt sich das befreundete Trio in einem klapprigen Bus auf eine unberechenbare Reise durch den weitläufigen Kontinent. Der Trip durchs Outback mündet in überraschend schöne Erlebnisse, aber ebenso in niederschmetternde Begegnungen mit Anfeindungen und Ausgrenzung. Außerdem werden Mitzi, Felicia und Bernadette während der langen Fahrt mit ihren eigenen Problemen konfrontiert – und ABBA-Fan Felicia hat auch noch das exzentrische Ziel, im Kleid den King's Canyon zu erklimmen...

Kult, der Wellen geschlagen hat

Zwei Drag Queens und eine Trans-Frau als Hauptfiguren eines sich (auch) an den Mainstream richtenden Films, der sie als komplexe Persönlichkeiten mit individuellen Sorgen, Hoffnungen, Charakterstärken und Makeln zeigt: Das war 1994 eine kleine Sensation, weshalb „Priscilla – Königin der Wüste“ als Meilenstein des LGBTQ-Kinos gilt.

Und auch für das australische Kino in seiner Gesamtheit hat Regisseur und Autor Stephan Elliott mit dieser Tragikomödie viel getan. Einerseits dank einer sympathischen, reflektierten Darstellung der Aborigenes, andererseits schlicht durch die Grundstimmung des Films: Er kam als Teil eines Booms an liebenswert-exzentrischen, australischen Produktionen über Individualität heraus, zu dem auch Baz Luhrmanns „Strictly Ballroom – Die gegen alle Regeln tanzen“ und Paul J. Hogans Romantik-Dramödie „Muriels Hochzeit“ zählen. Diese Welle beeinflusste nachhaltig, wie vielfältig die Filmnation Australien international betrachtet wird.

Dessen ungeachtet hat auch „Priscilla – Königin der Wüste“ seine Makel: Die Darstellung der Nebenfigur Cynthia (gespielt von Julia Cortez) als vulgäre Frau des freundlichen, aufgeschlossenen Mechanikers Bob (Bill Hunter) brachte dem Kultklassiker den Vorwurf ein, mit sexistischen und rassistischen Stereotypen zu arbeiten. Dem Kultstatus des Films tat dies zwar keinen Abbruch. Es führt aber vor Augen, wie leicht der pointierte Umgang mit einer Personengruppe zum Holzhammer in der Annäherung an eine andere Gruppe wird.

Staubig-weites Land, abwechslungsreiche Gefühlswelten

Die vernunftbetonte, still leidende Mitzi, die ständig eine Show abziehende, zwischen Eleganz und galligem Stil stöckelnde Felicia und die stoisch-zynische Bernadette sind den realen Persönlichkeiten Cindy Pastel, Strykermyer und Lady Bump nachempfunden. Vorübergehend war sogar geplant, dass sie sich selbst spielen, aber dann setzte man lieber auf größere Namen, um mehr Menschen zu erreichen.

Unter Elliotts Regie entfalten aber auch Weaving, Stamp und Pearce einen eingelebten, ungekünstelten Rapport zwischen schnippischer Neckerei, gegenseitiger Wertschätzung und Galgenhumor. Und dass Elliott die Exzentrik zumeist dem Wortwitz seiner Figuren und die Schauwerte den famosen Kostümen sowie dem weiten, eindrucksvollen Outback überlässt, statt mit inszenatorischen Spielereien mithalten zu wollen, geht bei dieser Figurenkonstellation voll auf:

Der Regisseur betont so den von Aufs und Abs geprägten, zwischenmenschlichen Alltag, der während der Reise des Trios entsteht – sowie die individuellen Sorgen der Figuren, wie Mitzis gelegentliche Probleme mit Selbstakzeptanz oder Bernadettes Hadern, neue Bekanntschaften in ihr von Verlust verhärmtes Herz zu lassen.

Und dennoch verleugnet Elliott nicht die exzentrische Ader dieser auf die Bühne drängenden Naturelle, etwa durch sporadische Tagtraumsequenzen, wie sie später die „Scrubs“-Hauptfigur J.D. haben sollte. So richtig bezaubernd finden die Beiläufigkeit und die Exzentrik des Films in einer sorglosen „I Will Survive“-Performance in der nächtlichen Wüste zusammen – ein schillernder, zugleich aufs Wesentliche reduzierter Drag-Auftritt voller Lebensfreude und Widerstandskraft, der diesen exzellent gespielten Film pointiert zusammenfasst!

Einen ganz anderen Hugo-Weaving-Klassiker haben wir euch derweil im folgenden Heimkino-Tipp vorgestellt:

Sci-Fi-Dystopie trifft brachiale Action: Grandiose Comic-Verfilmung fernab von Marvel & Co. kommt als Limited Edition ins Heimkino

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