Dieses Meisterwerk sollte jeder einmal gesehen haben – spätestens jetzt: Einer der besten Filme aller Zeiten erscheint erstmals auf Blu-ray
Daniel Fabian
Daniel Fabian
-Senior-Redakteur
Zu verrückt? Gibt es nicht! Wo Neues entsteht, beginnt für Daniel Kino, das sich ins Gedächtnis brennt. Je schräger und verrückter, desto besser!

Über 8.000 Kritiker wählten ihn zu einem der besten Filme der Kinogeschichte und auch in der FILMSTARTS-Kritik gab es die vollen fünf Sterne. Jetzt feiert „Der Spiegel“ von Andreï Tarkovsky seine deutsche Blu-ray-Premiere.

Andreï Tarkovsky starb im Alter von nur 54 Jahren. Welchen Einfluss der in der ehemaligen Sowjetunion geborene Filmemacher noch hätte haben können, wäre er so alt wie beispielsweise ein Clint Eastwood geworden, lässt sich wohl kaum in Worte fassen – ganz ähnlich, sich auch seine Filme nur schwer beschreiben lassen und einfach erlebt werden müssen.

Wenn wir heute von „Filmerlebnissen“ sprechen, sind damit oftmals große Spektakel gemeint, die vor allem im Kino ihre ganze Pracht entfalten – auf der größtmöglichen Leinwand und mit einem kraftvollen Surround-Sound-System entsteht schließlich eine Immersion, die einen geradewegs ins Geschehen wirft. Hinsichtlich des sowjetischen Ausnahme-Regisseurs bekommt das Wort jedoch eine andere Bedeutung. Denn Tarkovsky brach stets mit den Konventionen des Kinos – und brachte mit seinen Werken Poesie auf die Leinwand, die zunächst schwer zugänglich erscheint, am Ende aber auch etwas zutiefst Menschliches in sich trägt und damit auch heute noch universell ist.

Mit „Der Spiegel“ erscheint einer der Höhepunkte im Schaffen des Kunstfilmers am 11. Dezember 2025 zum ersten Mal auf Blu-ray sowie neu auf DVD – den Arthouse-Aficionados spätestens dann nachholen sollten. Wobei der Autor dieses Artikels für euch noch eine Empfehlung hat, solltet ihr mit Tarkovsky Œuvre noch nicht vertraut sein …

… denn dann dürfte es sich lohnen, zunächst einmal mit „Stalker“ und „Solaris“ anzufangen. Einerseits, weil jene beiden Filme kürzlich schon ihre HD-Premiere feierten und bereits auf Blu-ray erhältlich* sind. Andererseits, weil diese trotz Tarkovsky-typischer philosophischer Ansätze zumindest etwas mehr nach den etablierten Regeln des Kinos spielen – und damit ein gutes Stück leichter zu verarbeiten sind als „Der Spiegel“.

Kino kennt keine Grenzen: Das ist "Der Spiegel"

„Der Spiegel“ zählt zu Tarkowskis persönlichsten Filmen, handelt es sich doch um die autobiographische Geschichte eines Mannes, der den großen Fragen des Seins auf den Grund geht – und damit sein Publikum dazu einlädt, es ihm gleichzutun:

Was macht den Menschen am Ende zum Menschen? Die Leute, mit denen er Zeit verbrachte? Die Orte, die er besuchte? Die Beziehungen, die er führte? Die historischen Ereignisse, die er miterlebte – und das gesellschaftliche Konstrukt nachhaltig veränderten? Und wenn am Ende nur die Erinnerungen an all das bleiben, welche Rolle spielt dann eigentlich noch das, was auf dem Weg in Vergessenheit gerät?

Der Spiegel
Der Spiegel
Starttermin 13. November 1978 | 1 Std. 48 Min.
Von Andreï Tarkovsky
Mit Margarita Terekhova, Oleg Yankovskiy, Filipp Yankovsky
Pressekritiken
4,0
User-Wertung
3,3
Filmstarts
5,0

Es sind diese Fragen, die Tarkovsky in „Der Spiegel“ auf genauso einzigartige und komplexe Weise aufgreift, wie rückblickend auch das Leben eines jeden Einzelnen verläuft. Wie die berühmten „Geschichten, wie sie nur das Leben schreibt“, die zu schön, zu grausam oder zu verrückt sind, um wahr zu sein scheinen, sprengt Tarkowsky mit seinem Film die vermeintlichen Grenzen des Kinos auf.

„Der Spiegel“ erzählt keine lineare, chronologische Geschichte, sondern versteht sich als fragmentarisches Mosaik aus Erinnerungen, Träumen und Archivaufnahmen, das zwischen verschiedenen Zeitebenen springt und (von Tarkovskys Vater verfasste) Gedichte als narratives Element nutzt, das die emotionalen und auch philosophischen Themen des widerspiegelt. Der Protagonist ist dabei nie vollständig zu sehen, sondern fungiert gewissermaßen als der titelgebender Spiegel, durch den wir das Gezeigte sehen und selbst erfahren können.

Das Spiel mit Zeit und Wahrnehmung adaptiert Tarkovsky dabei selbstredend auch in seiner Inszenierung, setzt er dabei wie so oft doch auf eine hypnotische Bildsprache und statische, fast schon nicht endenwollende Einstellungen, in denen die Zuschauer*innen herausgefordert werden, sich der flüchtigen Natur der Erinnerungen und der Vergänglichkeit allen Daseins bewusst zu werden.

Für Cinephile, die sich fernab des klassischen Mainstream-Kinos gerne an die Macht des Kinos erinnern, kommen um „Der Spiegel“ also nicht herum. Denn dieser Film zeigt nicht nur auf eindrucksvolle Weise, dass dem Medium praktisch keine Grenzen gesetzt sind (was einen gerade große Hollywood-Blockbuster oftmals glauben lassen). Er beweist obendrein, dass es völlig in Ordnung ist, einen Film nicht ganz erfassen zu können – und dabei nichtsdestotrotz eine bereichernde Erfahrung sein kann.

Um die Heimkino-Neuauflage eines nicht weniger grandiosen, wenn auch weit weniger verkopften Thriller geht es im nachfolgenden Artikel:

Sogar noch (!) besser als "Sieben": DAS Serienkiller-Meisterwerk von David Fincher erscheint zum ersten Mal in 4K

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