Die Schlümpfe: Der große Kinofilm
Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
2,5
durchschnittlich
Die Schlümpfe: Der große Kinofilm

Ein kommender Kiffer-Kultfilm?

Von Oliver Kube

Die globale Werbekampagne zum neuen Abenteuer aus dem bekannten Schlümpfe-Franchise führt als mehr oder weniger einziges Verkaufsargument ein darin kurz zu hörendes neues Lied der Popsängerin Rihanna („Ocean‘s 8“) an. Als Fan der kleinen blauen Kobolde konnte man sich da schon Sorgen machen. Zumal es sich bei „Die Schlümpfe: Der große Kinofilm“ ja nicht um den ersten Versuch handelt, diese auf die Leinwände zu bringen, sondern bereits um den dritten Reboot – dessen Starttermin auch noch mehrfach verschoben wurde!

So schlimm, wie es aufgrund dieser Vorzeichen zu befürchten stand, ist das Ganze – Schlumpf sei Dank! – aber doch nicht. Klar, die Story ist mal sinnlos überkonstruiert, dann wieder hauchdünn beziehungsweise an den Haaren herbeigezogen – an manchen Stellen wirkt sie sogar wie im Nachhinein noch spontan zurechtgeschustert. Doch dafür zündet eine erstaunlich hohe Anzahl von Gags, das Tempo stimmt, und die quietschig-grelle Animations-Optik ist nach etwas Gewöhnung auch völlig okay. „Der gestiefelte Kater“- und „Shrek der Dritte“-Regisseur Chris Miller hat insgesamt also einen zumindest adäquaten Streifen abgeliefert. Ob seine Qualitäten allerdings ausreichen, um endlich eine – wie man es sich von Seiten der Rechteinhaber schon so lange wünscht – richtig erfolgreiche Filmreihe zu starten und nicht immer wieder von vorn beginnen zu müssen, steht dennoch zu bezweifeln...

Hat der bald Paramount Pictures / Nickelodeon Animation Studios
Hat der bald "No-Name-Schlumpf" getaufte Neuling tatsächlich keinerlei Eigenschaften? Schlumpfine hält dagegen!

Das Leben in Schlumpfhausen ist wunderbar und sorgenfrei. Allein ein Neuling (Stimme in der deutschen Fassung: Álvaro Soler) im Kreise der blauen Wesen ringt mit seiner Identität. Denn jeder Schlumpf hat „sein Ding“, das ihn auszeichnet: Der Gärtnerschlumpf gärtnert, der Tortenschlumpf backt Torten, der Ganz-weit-hinten-Schlumpf hat sein Pilzhäuschen etwas außerhalb des Dorfes und so weiter. Nur einer von ihnen hat – trotz Ermutigung und Hilfe vonseiten seiner Freundin Schlumpfine (Patricia Meeden), dem einzigen Mädchen unter ihnen – sein individuelles Talent noch immer nicht gefunden. Deshalb befürchtet er tatsächlich, als der No-Name-Schlumpf, wie die anderen ihn schon spöttisch nennen, in die Annalen einzugehen.

Doch dann wird Papa Schlumpf (Uwe Ochsenknecht) aus dem magischen kleinen Reich in die reale Welt der Menschen entführt. Die Verbliebenen machen sich alsbald auf, um ihren Anführer zu retten. Aber wie sich herausstellt, wurde der dieses Mal nicht von ihrem Erzfeind, dem tölpelhaften bösen Zauberer Gargamel (Rick Kavanian), geschnappt, sondern von dessen noch viel durchtriebenerem Bruder Razamel (ebenfalls Kavanian). Seine Absicht ist es, das ganze Universum ins Verderben zu reißen. Da heißt es für die Schlümpfe, flugs ein paar Verbündete zu finden und uns dann bitte schön alle zu retten…

Sind wir noch in Schlumpfhausen – oder schon im MCU?

Dass die „South Park: Der Film“- und „SpongeBob Schwammkopf: Piraten Ahoi!“-Autorin sich keine Mühe gegeben hätte, eine neue Fantasy-Mythologie um die Welt der Schlümpfe herum zu bauen, kann man Pam Brady nicht vorwerfen. Dass sie damit zu weit gegangen sein und vor allem die junge Hauptzielgruppe eines solchen Films überfordern dürfte, aber schon. Denn die will wohl kaum von vier mystischen Büchern hören, die nötig sind, um das Universum zu regieren, oder von den bösen Kräften, die versuchen, dies zu erreichen. Schließlich sind das hier immer noch die Schlümpfe – und nicht etwa „Der Herr der Ringe“ oder das MCU mit seinen Infinity-Steinen!

Es war vielsagend, zu beobachten, wie die emotional ansonsten meist voll involvierten Kinder bei der von FILMSTARTS besuchten Hamburger Pressevorführung regelmäßig begannen, sich mit ihren Eltern, ihren Rucksäcken, dem Popcorn oder den elektronisch verstellbaren Sitzlehnen der Kinosessel zu beschäftigen, wann immer es auf der Leinwand um die Hintergründe und Motive von Papa Schlumpfs Verschwinden ging. Zum Glück werden diese Momente nach einem deshalb etwas schleppenden Start schnell merklich weniger – und wenn, dann nur noch halbherzig eingestreut. Stattdessen setzt der Film von da an verstärkt auf seine Hauptfiguren und ihre turbulent-spaßige, dennoch durchaus spannende Rettungsmission. Als Identifikationsfiguren für die Zusehenden dienen dabei der unsicher nach seinem Platz im Leben suchende No-Name-Schlumpf und die deutlich selbstbewusstere, aber immer sympathisch hilfsbereite Schlumpfine, die auch schon mal eine große Tanznummer (das eingangs erwähnte, arg repetitive „Friend Of Mine“) initiiert, um die Moral ihrer Truppe zu steigern.

Gargamel (rechts) ist der Erzfeind der Schlümpfe – doch sein Bruder Razamel ist sogar noch viel schlimmer! Paramount Pictures / Nickelodeon Animation Studios
Gargamel (rechts) ist der Erzfeind der Schlümpfe – doch sein Bruder Razamel ist sogar noch viel schlimmer!

Die Titelheld*innen müssen – und hier zeigt sich endlich das individuelle Talent des bis dahin namenlosen Protagonisten – eine Odyssee durch verschiedene Dimensionen antreten, um ihren Papa zu befreien. Dabei machen sie nicht nur die Bekanntschaft von Ken, dem ihnen bisher unbekannten Bruder von Papa Schlumpf, sowie einer Sippe von an die Tribbles aus der alten „Raumschiff Enterprise“-Serie erinnernden Fellknäueln. Sie verirren sich zudem an jede Menge seltsamer Orte, die amüsanterweise in stark kontrastierenden Zeichenstilen präsentiert werden. So landen sie für kurze Zeit in einer Welt, die wie das Gekritzel eines Kleinkindes aussieht, dann wieder in einer, die in Richtung eines Action-Animes geht und in der ausschließlich Japanisch gesprochen wird.

Das ist alles kreativ und meist witzig aufbereitet. Allein die menschliche Welt ist ein wenig verschenkt – auch weil in ihr viele Szenen, wie die in Razamels Schloss, zunächst real gefilmt starten, dann aber doch wieder animiert gezeigt werden. Das fröhliche Dimensions-Hopping wird wiederholt durch einen psychedelischen Farben-, Bilder- und Klangrausch unterbrochen, der dafür sorgen könnte, dass der Film zu einem Kultstreifen für Kiffer avanciert – so wie es etwa „Der Zauberer von Oz“ oder „2001: Odyssee im Weltraum“ ja schon lange sind.

Dank hoher Gagdichte meistens unterhaltsam

Die Gesangseinlagen fügen sich stimmig in die Dramaturgie ein, auch weil sie nie zu lang ausgewalzt werden. Noch besser funktioniert jedoch die beinahe pausenlose Parade kleiner Rand- und Seitengags, die das Geschehen auflockern, ohne ihm an Tempo zu nehmen. Dabei gibt es ein paar Popkultur-Anspielungen für die Erwachsenen im Publikum, aber auch köstliche Absurditäten wie den Sound-Effekt-Schlumpf, der mit seinen jeweils nur Sekunden andauernden, trocken-humorigen Auftritten echte Highlights setzt. „Die Schlümpfe: Der große Kinofilm“ ist also größtenteils unterhaltsam. Hätte man sich die überflüssig verschwurbelte und konstruierte, zum Ende hin leider doch wieder prominenter ins Spiel gebrachte Mythologie im Hintergrund gespart, wäre das Ganze indes noch um einiges runder ausgefallen.

Fazit: Bunt, schrill, laut und zwischendurch ganz schön abgefahren: Die Macher*innen von „Die Schlümpfe: Der große Kinofilm“ riskieren keinen revolutionär anderen, aber doch zumindest frischen Ansatz, der über weite Strecken gut, teilweise aber auch überhaupt nicht gelingt. Fans dürfen hoffen, dass man beim unweigerlich irgendwann kommenden nächsten Schlümpfe-Abenteuer aus diesen Experimenten gelernt haben wird.

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