Ich mag "Jurassic World: Die Wiedergeburt", aber dieser ärgerliche Widerspruch gefährdet das ganze Dino-Franchise
Björn Becher
Björn Becher
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Seit mehr als 20 Jahren schreibt Björn Becher über Filme und Serien. Hier bei FILMSTARTS.de kümmert er sich um "Star Wars" - aber auch um alles, was gerade im Kino auf der großen Leinwand läuft.

„Jurassic World: Die Wiedergeburt“ ist ein unterhaltsames Blockbuster-Sequel und bereichert das Dino-Franchise um ein weiteres Kapitel. Doch er beinhaltet einen gewaltigen Retcon – und der stört FILMSTARTS-Redakteur Björn Becher aus mehreren Gründen.

Mit „Jurassic World: Die Wiedergeburt“ hat „Star Wars: Rogue One“-Regisseur Gareth Edwards ein visuell teilweise spektakuläres Dino-Abenteuer geschaffen. Auch wenn ich mit einigen menschlichen Figuren und ihren Unterhaltungen nicht warm werde, hatte ich im Kino großen Spaß. Doch eine Sache ärgert mich so richtig, weil sie nicht nur ein doofer, sondern auch extrem ärgerlicher Fehler ist.

Ausgerechnet Franchise-Urgestein David Koepp, der schon Steven Spielbergs „Jurassic Park“ schrieb, ignoriert mit seinem Drehbuch eines der Grundprinzipien des Franchise. Das ist nicht nur ein kleiner Fauxpas, sondern er führt die gesamte Reihe in eine Sackgasse – und das auch noch, ohne dass es dafür einen Grund gibt.

Das ist der wichtigste Satz der gesamten "Jurassic ..."-Reihe

Dass das Leben immer einen Weg findet, ist die Kernaussage der „Jurassic Park“- und „Jurassic World“-Filme. Dr. Ian Malcolm (Jeff Goldblum) drückte damit im Originalfilm seine Skepsis darüber aus, dass die Forscher hinter dem Dino-Klonen glaubten, mit nur weiblichen Tieren, die Fortpflanzung zu verhindern. Als wir später Dino-Eier sehen, wird seine Aussage bestätigt. Es ist eine der wichtigsten Szenen des Films, denn sie führt uns vor Augen, dass der Dino-Park nicht etwa scheitert, weil ein paar Sicherheitskonzepte nicht ganz durchdacht waren. Es macht uns deutlich, dass wir das Leben eben nicht kontrollieren können, es immer eine Gefahr sein wird.

Der Satz „Das Leben findet einen Weg“ wurde zum Mantra der Reihe und landete bei „Jurassic World: Das gefallene Königreich“ sogar auf dem Kinoplakat. Denn hier und im Nachfolger „Jurassic World: Ein neues Zeitalter“ wird seine Bedeutung noch einmal erweitert und hervorgehoben. Die Dinos finden ihren Weg unter die Menschheit, machen sich sogar in den Großstädten bereit.

Das Leben findet nicht mehr seinen Weg?

Ich finde sowohl den fünften als auch den sechsten Film der Dino-Reihe fürchterlich – und das ging vielen so. Deswegen ist es grundsätzlich verständlich, dass Gareth Edwards und David Koepp mit „Jurassic World: Die Wiedergeburt“ sich von den Vorgängern emanzipieren wollten und einen soften Reboot gewagt haben. Doch die vorherigen Filme sind ja nicht gescheitert, weil es nun Dinos überall auf der Welt gibt. Gerade „Jurassic World: Ein neues Zeitalter“ hat aus dem Szenario einfach nichts rausgeholt und uns dann doch hauptsächlich wieder ein abgelegenes Labor präsentiert. Grundsätzlich ist das Szenario, dass Dinos unter den Menschen leben, ja weiterhin höchst reizvoll – und vor allem halt einfach die logische Fortführung von Malcolms Aussage.

Doch Edwards und Koepp war es scheinbar wichtig, diesen Aspekt so schnell wie möglich aus ihrem Werk zu entfernen. So wird uns direkt eine halbgare Erklärung geliefert, dass die Dinos nur in Äquator-Nähe lebensfähig sind und daher im Rest der Welt alle gerade wegsterben. Das widerspricht komplett den bisherigen Aussagen und vor allem dem wichtigsten Satz der Reihe. Es ist ein gewaltiger Retcon, also eine nachträgliche Umdeutung aller bisherigen Informationen.

"Jurassic World" in der Sackgasse: Noch mehr Inseln?

Dies manövriert die Reihe in eine Sackgasse. Wir werden weitere „Jurassic World“-Filme bekommen – das ist nicht nur aufgrund des großen Erfolgs von „Die Wiedergeburt“ so sicher wie das Amen in der Kirche. Das Franchise ist längst zu riesig, um nicht fortgeführt zu werden. Doch wie viele Inseln in Äquator-Nähe will man den noch aus dem Hut zaubern? Den Verantwortlichen hinter künftigen „Jurassic World“-Filmen bleibt eigentlich nur die Möglichkeit, irgendwann zu sagen, dass das mit dem Äquator doch Unsinn ist, das Leben wieder seinen Weg gefunden hat und jetzt Dinosaurier doch ganz woanders im Zaum gehalten werden müssen. Der nächste Retcon ist also vorprogrammiert.

Mich ärgert besonders, dass diese Änderung des Grundmantras für die Story von „Jurassic World: Die Wiedergeburt“ so unnötig ist. Lassen wir mal beiseite, wie absurd die ganze Erklärung mit lebendem Dino-Blut als Heilmittel ist und nehmen wir das als gegeben hin. Gebraucht wird das Blut von drei ganz spezifischen Dinosauriern. Man hätte also ruhig weiter erzählen können, dass die Dinos überall auf der Erde unterwegs sind, aber genau diese drei speziellen Dinos mit ihrem Wunderblut halt aus schnell fabrizierten Gründen auf und um diese Insel. Schon hätte man einen nahezu identischen Film – ohne Retcon und ohne Absage an so viele Erzähloptionen für die Zukunft.

Jurassic World: Die Wiedergeburt
Jurassic World: Die Wiedergeburt
Starttermin 2. Juli 2025 | 2 Std. 13 Min.
Von Gareth Edwards
Mit Scarlett Johansson, Jonathan Bailey, Mahershala Ali
User-Wertung
3,3
Filmstarts
3,5
Vorführungen (627)

Es gibt übrigens noch einen weiteren Grund, warum das Dinos-überleben-nur-am-Äquator-Szenario unnötig und schlecht ist. Ihr findet doch alle Baby-Dino Dolores ganz bezaubernd, oder? Jetzt denkt mal eine Sekunde nach, was es für den putzigen Fanliebling und Merchandise-Highlight mit eigenem LEGO-Set und Mattel-Figur bedeutet, dass sie von der kleinen Isabella mit nach Hause genommen wird.... Genau – und erzählt das besser nicht den Kindern, die gerade mit ihrer Dolores-Figur im Zimmer nebenan spielen...

Mehr zu „Jurassic World: Die Wiedergeburt“ gibt es auch im folgenden Artikel:

In "Jurassic World: Die Wiedergeburt" bemerkt? So verneigt sich der Film vor dem Schöpfer des gesamten "Jurassic"-Franchises

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