Anfang der 2000er zählte Gore Verbinski zu den Regie-Stars Hollywoods. 2003 sorgte er mit dem Megaerfolg „Fluch der Karibik“ für ein Revival des klassischen Piraten-Abenteuerfilms und begründete eines der erfolgreichsten Blockbuster-Franchises unserer Zeit. Im Jahr davor lieferte er mit „The Ring“ (einer Neuverfilmung des gleichnamigen japanischen Originals von 1998) einen DER Horrorfilme des neu angebrochenen Jahrtausends. Mit einem weltweiten Einspielergebnis von knapp 250 Millionen US-Dollar.
2016 präsentierte er mit „A Cure for Wellness“ dann einen der interessantesten, raffiniertesten Horror-Thriller des Jahres. Ein Film, der im Laufe der Zeit zudem in Vergessenheit geriet – allerdings völlig zu Unrecht! Denn für mich kann es „A Cure for Wellness“ in Sachen traumhaft-hypnotisierender Wirkung, Spannung und Grusel nicht nur mit „The Ring“ aufnehmen – er übertrifft diesen sogar noch.
An den Kassen entwickelte sich Verbinskis zehnter abendfüllender Film zum Flop. Unverständlicherweise, da „A Cure for Wellness“ über all jene Elemente verfügt, die ein schauerlicher, wendungsreicher Horrorfilm braucht. Auch FILMSTARS-Chefkritiker Christoph Petersen war in seiner in der offiziellen FILMSTARTS-Kritik seinerzeit begeistert von dem in den Schweizer Bergen angesiedeltem Sanatorium-Horror. Er feierte den Film als „atmosphärisch wie visuell berauschendes Gothic-Gruselfest“ und vergab sehr gute 4 von 5 Sternen.
Ihr könnt „A Cure for Wellness“ aktuell und ganz ohne Zusatzkosten bei Amazon Prime Video streamen. Alternativ steht er auf Silberscheiben zur Verfügung, wahlweise als DVD oder als Blu-ray.
Ein Kuraufenthalt der anderen Art – das ist "A Cure for Wellness"
Der Film folgt dem ehrgeizigen, jungen Wall-Street-Broker Mr. Lockhart (Dane DeHaan) in ein Wellness-Center in den Schweizer Alpen. Dort soll Lockhart den CEO seiner Firma zurück in die USA holen, da ein lukrativer Börsendeal unmittelbar bevorsteht. In dem Luxus-Sanatorium angekommen, muss Lockhart feststellen, dass mit der Einrichtung etwas gehörig nicht stimmt. Zudem verhalten sich die – vornehmlich alten und äußerst wohlhabenden – Patienten sehr merkwürdig.
Da Lockhart nach Ansicht des rätselhaften Spa-Leiters Volmer (Jason Isaacs) mit seinen Nachforschungen für zu viel Unruhe sorgt, veranlasst der Chef bei dem Neuankömmling bald darauf jene spezielle Therapie, die auch all die anderen Patienten erhalten. Lockhart soll sich fortan einem strengen Genesungsprozess unterziehen. Hilfe erhält er lediglich von der mysteriösen Langzeitpatientin Hannah (Mia Goth), die ihn bei seinen Recherchen unterstützt.

Anstalt des Grauens: Klaustrophobische Stimmung
Unbehagen erzeugt bereits das Alpen-Resort: Schon von weitem entfaltet der Handlungsort mit seiner beeindruckenden Größe und der einsamen Lage auf einer bewaldeten Anhöhe eine faszinierende Sogwirkung. Gedreht wurde im Sommer 2015 auf der imposanten Burg Hohenzollern in Schwaben, und der Film profitiert enorm von der beeindruckenden Kulisse. Wie der Hauptcharakter Lockhart fühlt man sich als Betrachter schnell dem unheilvollen Schauplatz und den finsteren Mitarbeitern ausgeliefert. Gekonnt nutzt Verbinski das Gefühl der Einsamkeit und das Fehlen jeglicher Zivilisation, um die Angst vor dem Unbekannten und dem Verlorensein inmitten einer fremden Region noch weiter zu intensivieren.
Verbinski lässt sich dafür lange Zeit. Er baut die zwischen psychologischem Thriller und klaustrophobischem Mystery-Grusel angelegte Stimmung behutsam und mit Bedacht auf und es dauert gut eine halbe Stunde, bis der Horror über seine bemitleidenswerte Hauptfigur so richtig hereinbricht. Überhaupt ist „A Cure for Wellness“ von seiner langsamen, entschleunigten Erzählweise geprägt. Am Ende stehen sage und schreibe 140 Minuten – für einen Horrorfilm ein Epos, doch keine Minute ist unnötig. Wer, wie Verbinski, auf atmosphärischen Feinsinn und symbolhafte Bilder setzt, der braucht eben Zeit. Und die nimmt er sich, wovon der geneigte Horror-Fan am Bildschirm enorm profitiert.
Der optische Reiz entfaltet sich darüber hinaus nicht nur von außen (über das Anstaltsgebäude). Die „inneren Werte“ sind Verbinski ebenso wichtig. Dazu tragen die engen Flure, dunklen Gänge und teils unterirdischen Behandlungsräume der edlen Berg-Residenz bei. Und so wird es erst innerhalb der Anstaltsmauern so richtig gruselig, wenn Lockhart den höchst bizarren Maßnahmen der speziellen „Hydro-Therapie“ unterzogen wird. Denn dass das Thema Wasser eine besondere Rolle bei den Anwendungen und „Heilungsversuchen“ spielt, zeigt sich sehr schnell. Und wird bereits über das sehr stylische Plakat angedeutet.
Zahnarzt-Terror und Aal-Therapie
Einige der beklemmenden Behandlungsszenen, in denen die Grenzen zwischen Wahn und Wirklichkeit zunehmend verschwimmen, vergisst man als Zuschauer so schnell nicht wieder (Stichwort: Isolations-Wassertank). Außerdem ist die Chance extrem hoch, dass sich nach Betrachtung des Films die Meinung des ein oder anderen Zuschauers über Aale ändern wird. Denn, so viel sei verraten, den schlangenartigen Tieren mit ihren langgestreckten Körpern kommt eine tragende – und höchst verstörende – Aufgabe zu.
Tatsächlich verfügt „A Cure for Wellness“ sogar über die vermutlich heftigste zahnärztliche Folterszene in einem Mainstream-Horrorfilm überhaupt. An dieser Stelle beweist Verbinski seine Liebe zu Genre-Meilensteinen, die er genüsslich zitiert. Während die Sequenz mit den zahnärztlichen Instrumenten an die legendäre Folterszene in John Schlesingers „Der Marathon Mann“ erinnert, verbeugt sich „A Cure for Wellness“ darüber hinaus auf kluge Weise vor weiteren Klassikern, von „Misery“ bis „The Game“. Und wer auf düstere Psycho-Thriller und doppelbödige Gruselkost an abgeschiedenen Orten steht (siehe „Shutter Island“ oder „Shining“), sollte ohnehin einen Blick riskieren.
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